- Historisches Museum des Kantons Thurgau
Der Begriff «Entsorgung» ist eine Wortschöpfung der Industriemoderne nach 1950. In starkem Kontrast dazu stehen Überzeugungen, die noch von den Spielregeln einer Mangelgesellschaft geprägt sind. «Das kleinste Stück sollte niemals weggeworfen werden, bevor es auf irgendeine Art noch gedient hat». Dieser Leitspruch stammt aus einem der erfolgreichsten Schweizer Haushaltungsbücher, dem «fleissigen Hausmütterchen» von Susanna Müller, das von 1860 bis 1964 immerhin dreissig Auflagen erlebt hat.
Produkte mit langer Halbwertszeit
Repariert, wiederverwendet oder umgenutzt wurde anno dazumal fast alles. Aus Pressrückständen von Obst entstanden «Zigerli» als Heizmaterial, abgebrochene Sensengriffe eigneten sich als Setzhölzer, ein abgewracktes Auto – zu sehen im Schaudepot St. Katharinental – diente als Antriebsmotor zum Dreschen oder Holzfräsen. Eine Kleidertruhe gelangte zunächst als Teil der Aussteuer ins
Schlafzimmer des jungen Ehepaares, wurde später im Dachstock als «Stücklitrog» zum Lagern von Dörrobst weiterbenützt und endete nicht selten als Futterkiste für Vieh oder als Kaninchenstall. Zuletzt gab es Brennholz.
Vom Ramsch zum Sammlungsobjekt
Am Kurzvortrag über Mittag veranschaulicht Peter Bretscher, dass der «Lebenszyklus» gewisser Gegenstände gar einen besonderen Verlauf nimmt: Einst ausgemustert und als wertloser Krempel in einer Ecke vergessen, erlangten nicht wenige der heute in Museen gezeigten Objekte als Zeugen vergangener Epochen und Kulturgut eine neue Wertschätzung.