Frauen sind bis anhin in der Gossauer Geschichte nur wenig bis gar nicht vorgekommen, obwohl sie vieles bewirkt und bewegt haben. Dies wird sich bald ändern. Mit dem Projekt «Frauenspur Gossau» werden Frauen und ihr Wirken sichtbar gemacht. 35 Spurensucherinnen haben in den vergangenen zwei Jahren auf freiwilliger Basis über 60 Lebensgeschichten von bekannten und weniger bekannten Gossauer Frauen aufgeschrieben. Darunter sind Persönlichkeiten wie die Autorin Rösli Krucker-Koller und die Kunstmalerin Hedy Zuber, wie Luise Eigenmann-Forster, die 1895 die Leitung des Gossauer Telefon- und Telegraphenbüros innehatte, Helena Mauchle-Ledergerber, die als erste Frau in den Gemeinderat von Gossau gewählt wurde, oder Edith Titl-Theiner, die 1968 von Tschechien in die Schweiz geflüchtet war. Damit auch die Öffentlichkeit von diesen spannenden und eindrücklichen Lebensgeschichten erfährt, wurde eigens eine Website gestaltet. Unter www.frauenspur-gossau.ch können ab dem 11. Januar 2021 alle Geschichten, Gespräche und Episoden nachgelesen oder teilweise auch gehört werden.
Spurensuche ist nicht zu Ende
Rund 2500 Stunden haben die 35 Spurensucherinnen in ihre Recherche und Schreibarbeit investiert. Als Grundlagen dienten unter anderem die Kantonsbibliothek Vadiana St.Gallen, das Gossauer Stadtarchiv, das Pfarramt sowie diverse Berichte einer privaten Sammlung. Besonders wertvoll waren aber vor allem die vielen Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, mit Töchtern und Söhnen, Verwandten und Bekannten. Die Dokumentation umfasst über 700 digitalisierte Nachrufe, 200 Zeitungsartikel und über 60 Lebensberichte. Und es werden immer mehr. Denn die Dokumentation – und demzufolge auch die Spurensuche – ist nicht abgeschlossen.
Heldinnen der Gossauer Geschichte
«Mit dem Projekt wollen wir zum einen Frauen einen Platz in der lokalen Geschichte geben», sagt Brigitte Hollenstein-Gemperle, die zusammen mit Katharina Lehmann und Monika Walpen das Projekt leitet. Zum anderen sollen die Lebensgeschichten die Sicht auf das 20. Jahrhundert öffnen. Auf ein Zeitalter, das mit vielen Einschränkungen, Abhängigkeiten und Armut, aber auch mit Aufbruch, Rebellion und Möglichkeiten verbunden war. «Frauenspur Gossau» zeichne eine weibliche Zeitachse mit kraftvoller Ausstrahlung nach, sagt Hollenstein. Dazu passe auch, dass gerade in diesem Jahr, in dem die Website aufgeschaltet werde, die Schweiz 50 Jahre Frauenstimmrecht feiere. «Wir würdigen unsere Frauen. Die Heldinnen des Alltags sind Heldinnen der Gossauer Geschichte und erhalten mit ihrer Lebensgeschichte, publiziert auf dieser Website, einen Ehrenplatz.»