Anlässlich der Urnenabstimmung vom 7. März 2021 haben sich die Flawiler Stimmberechtigten für die Neugestaltung des Marktplatzes mit Tiefgarage, Kulturhaus und Markthalle ausgesprochen und dafür einen Bruttokredit von 8,275 Millionen Franken bewilligt. In den vergangenen beiden Jahren wurde das Projekt unter Einbezug einer Begleitgruppe mit 25 Vertretenden aus Parteien, Vereinigungen und Anstössern weiterentwickelt. Während dieser Phase wurde unter anderem mit der Migros Ostschweiz nochmals das Gespräch gesucht, um eine Verbindung der Tiefgaragen Marktplatz und Migros zu prüfen. Das Vorprojekt zeigte Kosten für die Tiefgaragenverbindung von über einer Million Franken auf. Zudem wären neun Parkplätze verloren gegangen. Sowohl für die Migros Ostschweiz als auch für den Gemeinderat, die Baukommission und die Begleitgruppe des Projekts stimmte das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht mehr, weshalb dieses Teilprojekt nicht weiterverfolgt wurde.
Projekt weiterentwickelt
Im Rahmen der Weiterentwicklung des durch die Bürgerschaft genehmigten Vorprojekts zum Bauprojekt mussten verschiedene Projektanpassungen vorgenommen werden. Das Bauprojekt zur Neugestaltung des Marktplatzes und der Teilstrassenplan mit dem Strassenbauprojekt sowie die dazugehörenden Verkehrsanordnungen lagen im Januar 2023 öffentlich auf. Innerhalb der Auflagefrist sind insgesamt fünf Einsprachen eingegangen, welche sich vor allem gegen das Strassenbauprojekt richteten. Zwischenzeitlich konnten die meisten Einsprachen erledigt werden.
Mehrkosten
Seit der Urnenabstimmung Anfang 2021 hat sich auf der Welt vieles verändert. In dieser Zeit stiegen die Baukosten markant. Die gesamten Mehrkosten für das Bauprojekt betragen rund 2,25 Millionen Franken. Der teuerungsbedingte Anteil von 1,2 Millionen Franken wurde durch den Gemeinderat bereits genehmigt. Zuständig für den Nachtragskredit des projektbedingten Teils der Mehrkosten von 1,032 Millionen Franken ist die Bürgerversammlung.
Projektbedingte Mehrkosten
Im Rahmen der Weiterentwicklung des Vorprojekts zum Bauprojekt mussten verschiedene Projektanpassungen vorgenommen werden. Obwohl die Neugestaltung des Marktplatzes immer noch dem ursprünglichen Projekt entspricht, wirken sich veränderte Rahmenbedingungen sowie die Detailplanung verschiedener Bauteile auf das Bauprojekt aus:
Hochwasserschutz und Umgebungsfläche: Am 7. März 2021 hat die Bürgerschaft das Hochwasserschutzprojekt Dorf- und Tüfibach abgelehnt. Die Ablehnung hat Auswirkungen auf die Neugestaltung des Marktplatzes. Einerseits befindet sich das Bauprojekt gemäss Naturgefahrenkarte des Kantons St.Gallen bis zur Realisierung eines Hochwasserschutzes für den Tüfibach in einem Gebiet, für welches zusätzliche bauliche Schutzmassnahmen getroffen werden müssen. So musste zum Beispiel das Niveau sowohl der Tiefgarage als auch der Markthalle und des Kulturhauses um zehn Zentimeter angehoben werden. Andererseits hat sich durch den Verzicht auf eine offene Bachführung über den Marktplatz die neu zu gestaltende Umgebungsfläche von Kulturhaus und Markthalle, aber auch jene des Marktplatzes markant erhöht, was zu Mehrkosten führt.
Tiefgarage: Seit dem 31. Dezember 2022 ist eine neue VSS-Norm (Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute) für den Bau von öffentlichen Parkierungsanlagen in Kraft. Eine vollständige Umplanung der Tiefgarage auf die neue VSS-Norm hätte weitreichende finanzielle Auswirkungen auf das gesamte Bauprojekt gehabt. Dennoch hat die Baukommission verschiedene Komfortverbesserungen im Sinne der neuen Norm beschlossen. So wurde einerseits die Breite der Fahrwege von 4,00 Metern auf 4,50 Meter und die Breite der Rampe von 5,35 Metern auf 6,00 Meter erhöht. Andererseits wurden die Radien der Fahrwege vergrössert. Insgesamt hatten die Anpassungen eine minimale Vergrösserung des Baukörpers sowie eine Reduktion der ursprünglich vorgesehenen Anzahl Parkplätze von 60 auf 56 zur Folge.
Holzbeschaffung: Die offene Markthalle ist ein Holzbau. Ein wesentlicher Teil der Holzbeschaffung soll aus dem gemeindeeigenen Wald beziehungsweise aus privaten Wäldern von Flawil und Umgebung erfolgen. Das geschlagene Holz wird zunächst gelagert und dann in Zusammenarbeit mit der Sägerei des Klosters Magdenau dem zukünftigen Holzbauer zur Verfügung gestellt. Dieser Prozess ist aufwendig und kostenintensiv.
Photovoltaik: Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Kulturhauses zu installieren, ist aufgrund der vielen schattenspendenden Bäumen nicht möglich. Der Wirkungsgrad ist wegen des Schattenwurfs zu schlecht. Die Bäume sind dafür gegen die Klimaerwärmung wirksam. Durch den Verzicht der Photovoltaikanlage ist eine Ersatzabgabe von 12'000 Franken geschuldet. Zudem muss eine Filteranlage für das Regenwasser installiert werden.
Kulturhaus: Zusammen mit den kulturschaffenden Flawilerinnen und Flawilern sowie den Flawiler Kulturvereinen wurde ein Betriebskonzept entwickelt. Um dieses umzusetzen, wurden diverse Projektanpassungen vorgenommen. Unter anderem wurde die Bühneneinrichtung optimiert und auf das geplante Angebot abgestimmt. Zudem wurden die notwendigen Audio- und Eventinstallationen neu bestimmt. Im Aussenbereich sind ein Wassertrog und zusätzliche Stromanschlüsse vorgesehen. Im Bereich der Heizungs- und Sanitäranlagen werden zusätzliche Apparate benötigt. Und zur optimalen Beheizung des Gebäudevolumens bedarf es einer zusätzlichen Wärmepumpe. Ausserdem wurden die Kosten für Fenster, Metallbauarbeiten und Dämmungen im ursprünglichen Kostenvoranschlag unterschätzt.
Lotteriefondsgesuch
Die Baukosten für die Neugestaltung des Marktplatzes mit offener Markthalle, Kulturhaus und Platzgestaltung betragen nun 10,52 Millionen Franken. Ein Teil davon betrifft die kulturelle Infrastruktur oder die Aufwendungen für die Ausstattung mit Bühneneinrichtungen sowie Licht- und Akustikmassnahmen. Aus diesem Grund wurde im Juli 2023 durch die Gemeinde Flawil beim Kanton zulasten des Lotteriefonds um einen Beitrag für die Investitionen von einmalig 350'000 Franken und während dreier Jahre um einen jährlichen Beitrag an die Betriebskosten von 50'000 Franken ersucht. Sollte das Lotteriefondsgesuch genehmigt werden, reduzieren sich die Kosten des Projekts entsprechend.
Was passiert bei einer Ablehnung?
Eine Ablehnung des projektbedingten Nachtragskredits durch die Bürgerversammlung bedeutet nicht, dass die Neugestaltung des Marktplatzes gescheitert wäre. Denn die Bürgerschaft hat diesem Projekt am 7. März 2021 an der Urne zugestimmt. Eine Ablehnung des Nachtragskredits würde bedeuten, dass die Baukommission das Projekt nochmals überarbeiten müsste mit dem Ziel, die projektbedingten Mehrkosten einzusparen. Und dies, ohne dass wesentliche Projektänderungen erfolgen. Einsparungen könnten beispielsweise durch eine billigere Gestaltung der Umgebungsfläche, durch die Verengung der Tiefgarage, durch Holzbezug aus dem Ausland oder durch die Verwendung von billigerem Baumaterial gemacht werden.
Volksmotionen
Im Juli 2023 wurden durch den Flawiler Patric Burtscher sechs Volksmotionen zu unterschiedlichen Themen eingereicht. Zwei davon betreffen die Neugestaltung des Marktplatzes respektive die Zwischennutzung des alten Feuerwehrdepots. Die eine Volksmotion verlangt, dass Projektänderungen (Fahrwege, Breite der Rampe, Reduzierung der Anzahl Parkplätze) bei der Tiefgarage Marktplatz der Bürgerschaft zur Genehmigung vorgelegt werden. Mit der Beratung über den Nachtragskredit und die damit verbundenen projektbedingten Mehrkosten und Projektänderungen kann das Anliegen der Volksmotion, dass die Bürgerinnen und Bürger über Projektänderungen abstimmen können, erfüllt werden. Die andere Volksmotion verlangt, dass das alte Feuerwehrdepot umgehend für eine kulturelle Zwischennutzung hergerichtet wird. Der Abbruch des alten Feuerwehrdepots ist Bestandteil des im Januar 2023 aufgelegten Baugesuchs. Investitionen für eine kulturelle Zwischennutzung bis zum Abbruch machen keinen Sinn. Das alte Feuerwehrdepot steht jedoch bis zu seinem Abbruch – wie auch schon in den vergangenen Jahren – für Veranstaltungen im heutigen Zustand weiterhin zur Verfügung.
Anträge an der Bürgerversammlung
Der Gemeinderat beantragt der Bürgerschaft, die Genehmigung des Nachtragskredits für die projektbedingten Mehrkosten von 1,032 Millionen Franken zur Neugestaltung des Marktplatzes als unvorhersehbare neue Ausgabe. Der Rat erachtet das Generationenprojekt trotz der Mehrkosten als finanzierbar. Auf die beiden Volksmotionen soll jedoch nicht eingetreten werden. Zum einen kann die Bevölkerung mit der Beratung über den Nachtragskredit auch die Projektänderungen diskutieren. Zum anderen machen Investitionen in das abzubrechende alte Feuerwehrdepot keinen Sinn mehr. Durch die Genehmigung der gemeinderätlichen Anträge kann das Projekt vorangetrieben werden. Der neue Marktplatz wird das Dorfbild städtebaulich prägen und dem Zusammenleben im Dorf neue Impulse geben. Diese Chance gilt es zu packen.
Gutachten im Budgetbericht 2024
Das ausführliche Gutachten «Neugestaltung Marktplatz – Nachtragskredit und Volksmotionen» ist Teil des Budgetberichts 2024, welcher auf der Website www.flawil.ch aufgeschaltet ist. Wer sich zusätzlich informieren will, findet das Gutachten zur Urnenabstimmung vom 7. März 2021, Planunterlagen, Lotteriefondsgesuch mit Projektbeschrieb und Betriebskonzept sowie weitere ergänzende Unterlagen auf www.flawil.ch oder kann diese bei der Ratskanzlei, Telefon 071 394 17 60, beziehen.