Maskenbälle im Sonnensaal, im Andreas-Zentrum und im Bädli – Gwerblerfasnacht im Ochsen oder in der Toggi – bis zu 20 dekorierte Beizen – Sündentempel im Schäfli und im Landhaus mit Stripperinnen und Stangen-Tänzerinnen – zwei Fasnachtsumzüge mit hunderten von Gossauer Schülerinnen und Schülern unter selbstgeklebten Masken, bis zu 60 verschiedene Umzugssujets und vielen tausend begeisterten Zuschauern aus der näheren und weiteren Umgebung. Dazu mit den Drachonikern und den Gassenchlöpfern zwei lokale Guggenmusigen, die selbst furztrockene Zeitgenossen zum Beine-Wippen, Mit-Klatschen und Mit-Singen animieren. Später kommen dann noch die Schnitzelbanggen dazu: zuerst eine, dann zwei, dann drei… Ja, das war die Gossauer Fasnacht, wie sie von Walter Dillier in den 50er Jahren ins Leben gerufen worden war und die - unterstützt von zahlreichen, mit dem Fasnachtsvirus infizierten Gossauerinnen und Gossauern - über 50 Jahre lang in Gossau die Vorfastenzeit dominierte.
Doch seit dem Tod von Walter Dillier scheint auch der Gossauer Fasnachtsgeist step by step die Fürstenländer Metropole verlassen zu haben. Zuerst verabschiedeten sich die Drachoniker von der Fasnachtsbühne. Dann begann der Umzug zu serbeln. Das Fasnachtskomitee unternahm zwar noch einige Wiederbelebungsversuche. Doch jetzt haben auch die Damen und Herren im gelben Gewand und gelbem Dreizackhut den Bettel hingeschmissen. Der Verein hat sich aufgelöst und das in der Kasse verbliebene Geld dem Stadtrat zu treuen Händen übergeben – für einen allfälligen Nachfolger. Gwerblerfasnacht und Fasnachtsbälle sind schon lange Geschichte. Und die wenigen Beizen, welche noch dekoriert wurden und werden, kämpfen mit den feuerpolizeilichen Vorschriften und der verlotternden Porno-Moral, welche ihnen das Verruchtsein streitig machen. Das gleiche gilt für unsere Sündenpfuhle – halbnackte Bardamen locken niemanden mehr hinter dem Ofen hervor. Und auch die Gossauer Schnitzelbankenszene leidet an Auszehrung. Als erstes rollten die 4 Wäspis ihre Flügel ein, vorletztes Jahr gaben die Dry Richter ihre Abschiedsvorstellung. Geblieben sind die Zwei Räppler, die seit 30 Jahren ihren Humor verbreiten und die traditionellen Schnitzelbanggen-Abende in Gossau organisieren. Doch auch sie kämpfen mit schwindender Fasnachtslust. Von den ursprünglich drei Abenden hat einer überlebt.
Was ist von der Gossauer Fasnacht geblieben? Vor einigen Jahren haben sich im Freistaat Niederdorf die Drachentöter formiert. In ihrer Fasnachtszeitung, dem Drachentöter, schauen sie mehr oder weniger humorvoll auf das Stadt-Geschehen des letzten Jahres zurück. Den Drachentöter präsentieren sie jeweils am Mittwoch vor dem Schmutzigen Donnerstag am Drachenfest im Freihof. An diesem Abend verleihen sie mit dem Drachentöterpreis einen alternativen Gossauer Preis. Und immer bei den Drachen zu Gast: Die Gassächlöpfer, einige Schnitzelbanggen sowie einige Unentwegte. Es lebe die Gossauer Fasnacht!
Ein geruhsames letztes Januar-Wochenende wünscht Ihnen
Ihr Drago
"Fasnacht?"
Kolumne auf Gossau24.
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jg
"Drache-Füür" vom 26. Januar 2024.