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Wird die Freie Liste Gossau FliG zur GLP?

Bild: gossau24.ch
Die beiden FLiG-Mitglieder Dave Mathis und Markus Meister kandidieren als GLP-Kandidaten für den Kantonsrat: Die FLiG unterstützt die beiden bei diesem unkonventionellen Weg. Doch was bedeutet das für die Lokalpartei? Gerät die seit 30 Jahren bestehende Unabhängigkeit ins Wanken? Schliesst sie sich demnächst gar der GLP an? Ein Gespräch mit Parteipräsident Erwin Sutter und dem FLiG-Urgestein sowie alt-Parteipräsident Alfred Zahner liefert einen Einblick.

Vor über 30 Jahren wurde die Freie Liste Gossau (FLiG) als Lokalpartei gegründet. Ihre Ziele waren damals wie heute eine hohe Lebensqualität in ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht zu erreichen und sich umfassend für die Belange in Gossau einzusetzen. Als Lokalpartei ohne grosse Mutterpartei, die gewisse Vorgaben diktiert, hat die FLiG seit jeher unabhängig und mit Gossauer Fokus politisiert. Sie ist zu einer verlässlichen Grösse in der lokalen Politlandschaft geworden. Und eben genau nur das. Eine neue Fahrtrichtung gibt die Kantonsrats-Kandidatur der beiden FLiG-Mitglieder Dave Mathis und Markus Meister: Um national zu politisieren, stehen sie auf der Liste der GLP zur Wahl. Ist damit die Auflösung der FLiG besiegelt?

Vorausschauende Nachfolgeregelung
«Die meisten Mitglieder hatten und haben auch nur das Interesse daran, lokal zu politisieren und sich gezielt für Gossau zu engagieren», sagt alt-Präsident Alfred Zahner. Die Statuten der FLiG lassen jedoch die Zugehörigkeit zu zwei Parteien und nationale Kandidaturen für eine andere Partei zu. «Genaugenommen ist es ein Wunder, dass eine Lokalpartei so lang überlebt, ohne grössere politische Karriere zu ermöglichen – in anderen Städten ist das nicht der Fall.» Ein Grund für das lange Bestehen der FLiG sei deren weit vorausschauende Nachfolgeregelung: «Wir haben die Rücktritte der «Urgesteine» bereits früh gestaffelt geplant – und für jeden von uns gab es einen jüngeren Nachfolger», erinnert sich Zahner. Die alten Reihen im Parlament wurden somit immer durch jüngere Politiker ersetzt.

Erste Verhandlung vor acht Jahren
Bereits vor acht Jahren sei die GLP als Kantonalpartei auf den damaligen Präsidenten Zahner zugekommen und habe einen Zusammenschluss vorgeschlagen. «Die FLiG war da bereits eine Grösse in Gossau – viel grösser als die GLP, die hier gar nicht vertreten war.» Ein Grund für Zahner der GLP eine Abfuhr zu erteilen. «Die Marke FLiG war hier viel mehr wert», sagt er. Zudem sei es ihm wichtig gewesen, unabhängig zu bleiben. «Für mich war klar, dass es einen Zusammenschluss nicht geben wird.»

Parteistrukturen aufbrechen – neue Sitzverteilung ermöglichen
Heute ist Zahner jedoch offen für die Veränderung und zumindest Befürworter der Zusammenarbeit. Tatsächlich habe er vor einem Jahr auf einem Privatanlass im Dialog mit GLP-Politikern den Anstoss gegeben: «Um die Parteistrukturen in Gossau aufzubrechen, muss sich was verändern – sonst haben wir immer die gleiche Sitzverteilung.» Eine gemeinsame Liste mit der GLP zu stellen, sei für ihn ein möglicher Lösungsweg. «Dass die FLiG sich jedoch auflöst und zur GLP wird, damit hätte ich nach wie vor Mühe.», sagt er. «Ich fühle mich als FLiG – zur GLP zu gehen, ist keine Option. Und das ist auch bei anderen Mitgliedern so», sagt er.

«Gespräche zum Zusammenschluss mit der GLP haben im Vorfeld natürlich stattgefunden - und es werden weitere folgen.»
Erwin Sutter, Parteipräsident der FLiG

Ähnliche Werte, neue Chance
Dass die Werte der FLiG Parallelen zu denen der GLP haben, ist offensichtlich – Synergien zu nutzen sei somit naheliegend, sagt Parteipräsident Erwin Sutter: «Einzelnen Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, sich für unsere und ähnliche Werte kantonal einzusetzen, eröffnet eine neue Perspektive, die vielleicht auch für Neumitglieder interessant sein könnte.» Dem stimmt auch alt-Präsident Zahner zu. Das parteiübergreifende Vorgehen sehen beide als Chance. «Auf kommunaler Ebene können unsere Kandidaten sich trotzdem voll und ganz für Gossau einsetzen, was sie auch tun werden», so Sutter.

Zusammenschluss wird diskutiert
Ist ein Zusammenschluss der beiden Parteien aber nun angestrebt? «Solche Gespräche haben im Vorfeld natürlich stattgefunden und es werden weitere folgen», erklärt Sutter. Klar sei jedoch, dass die FLiG weiterhin an ihrer Unabhängigkeit festhalten will: «Egal, welchen Weg wir mit der GLP einschlagen werden, wir finden eine Lösung, die unseren Mitgliedern, sofern sie es wünschen, diese Unabhängigkeit sicherstellt.» Beide Parteien begegnen sich sehr offen: Wie sich die interparteiliche Zusammenarbeit dann tatsächlich gestaltet, wird sich wohl im kommenden Wahlkampf und den weiteren Gesprächen zeigen.

«Keine Heirat ohne Partner zu kennen»
Für Zahner ist die neue Ausrichtung «der Versuch einer Zusammenarbeit». Man müsse sich erst kennenlernen, Vertrauen fassen und schauen, wie es läuft. «Aber Heiraten, ohne den Partner zu kennen, sollte hier keiner», sagt er mit Nachdruck. Generell vermutet Zahner ein grösseres Interesse der GLP mittels der FLiG, in Gossau Fuss zu fassen. «Und mit unserer Stammwählerschaft erhöht sich im kommenden Wahlkampf natürlich die Chance auf einen weiteren Sitz der GLP im Kantonsrat.» Er ist überzeugt, dass die FLiG auch ohne die GLP weiterhin eine konstante Grösse in Gossau bleiben kann. «Für mich vorstellbar wäre allenfalls, dass die FLiG eine Sektion der GLP wird – jedoch ohne dass unsere Mitglieder der GLP beitreten müssen.» Beispiele für erfolgreiche Parteiarbeiten in diesem Rahmen gebe es im Kanton Zürich, sagt Zahner.

«Um die Parteistrukturen in Gossau aufzubrechen, muss sich was verändern – sonst haben wir immer die gleiche Sitzverteilung.»
Alfred Zahner, alt-Parteipräsident der FLiG
gossau24.ch/Vanessa Vogt
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