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Gast-Kommentar
Drache-Füür
22.03.2024

"Vom 8:22 über ein 15:15 zum 30:0"

Kolumne auf Gossau24. Bild: jg
"Drache-Füür" vom 22. März 2024.

Das Spiel heisst «Budgetdebatte», das Spielfeld ist der Fürstenlandsaal in Gossau. Als Spielerinnen und Spieler sind die 30 Mitglieder des Gossauer Stadtparlaments auf dem Feld. Einen Schiedsrichter scheint es nicht zu geben. Dafür ist die Tribüne fast bis auf den letzten Platz besetzt. Die Regeln des Spiels besagen, dass alles erlaubt ist – beissen, spucken auch verleumden. Was auch schon vor Spielbeginn bekannt ist, ist das Endergebnis. Es wird 30:0 für das vorliegende Budget lauten. Unklar ist einzig, wie dieses Budget genau aussehen wird. Einen Vorschlag haben die fünf Stadtweisen auf Wunsch der 30 Spielerinnen und Spieler vorgelegt.
Das Vor-Spiel ist von Geplänkel geprägt. «Es wird schmerzhaft sein – es wird wehtun» lautet ein erster Steilpass von rechts. Links kontert mit der Aussage, «dass alle ausbaden müssten, was eine hauchdünne Mehrheit ihr eingebrockt hat». Noch geht es nur darum, ob das Spiel überhaupt gespielt werden soll. Schliesslich ist klar, das Spiel findet statt, aber nicht 15 gegen 15, sondern mit 22 gegen 8 Spielerinnen und Spieler. Endlich pfeift der «primus inter pares» auf dem Hochstuhl das Spiel an. Links stürmt gleich vorwärts – 4’000 Franken für die Kommunikationsausbildung des Stadtrates – eine erste Abstimmung – mit 6:24 eine erste Abfuhr. Doch Links lässt sich nicht entmutigen und lanciert einen nächsten Angriff aufs Sparbudget – 25'000 Franken für den Dankesanlass für Freiwillige – mit 8:22 folgt die zweite Abfuhr. Nach gleichem Muster geht es weiter – 21'500 Franken für den Glasfaseranschluss der Sporthalle Buechenwald – eine dritte Abfuhr mit ebenfalls 8:22. Dann: 10'000 Franken für eine Easyvote-Broschüre – Ablehnung mit 8:22. Und: 13'900 Franken für eine zentrale Vereinsagenda – ein Nein mit 9:21. Und wieder: 27'250 Franken für die Timeout-Klasse – wieder ein Nein mit 1:25 bei vier Enthaltungen. Schliesslich kommt es zum Höhepunkt des Budgetspiels: Die linke Vorgabe wünscht 173'000 Franken für die Aufrechterhaltung der bisherigen Öffnungszeiten von Frei- und Hallenbad im Sommer. Rechts und Links legen sich mächtig ins rhetorische Zeug. Dann kommt aus der Mitte ein Kompromissvorschlag: Nur 85'000 Franken mehr für eine definierte Minderheit. Erneutes Palaver, bevor es zu einer Vor-Abstimmung kommt: 173'000 oder 85'000 Franken – nach 15 Sekunden Bedenkzeit steht es 15:15. Der «primus inter pares» hilft per Stichentscheid den 85'000 Franken zum Sieg. Jetzt stehen sich 85'000 und 0 Franken gegenüber. Diese Abstimmung ist klar: 25:2 für die 85'000 Franken. Damit ist das parlamentarische Pulver verschossen. Die noch folgenden Abstimmungen über 21'200, 10'000, 49'000 und 75'000 Franken «mehr» enden alle gleich: Ablehnung mit 8:22. Das Budgetdebatten-Spiel dauert jetzt schon über 150 Minuten. Den Spielerinnen und Spieler geht langsam die Energie aus. Der «primus inter pares» ruft zur Schlussabstimmung. Das Resultat ist eindeutig: Dreimal 30:0. Wer hätte das gedacht…
Ein besinnliches Palmsonntag-Wochenende wünscht Ihnen
Ihr Drago

Wehe, wenn er Feuer speit! In seiner Kolumne "Drache-Füür" kommentiert Drago auf Gossau24 jeden Freitag das Geschehen in Gossau - vor und hinter den Kulissen.

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