Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Kultur
04.04.2024
04.04.2024 12:42 Uhr

Rücktritt als Vereinsvorstand: Bald auch aus Parlament?

Bild: pd
Anfang des Jahres gab Werner Bischofberger seinen Rücktritt als Vorstandspräsident des Vereins Stadtbibliothek bekannt. Gerade als die Bibliothek sich in einem Wandel befindet und in die Stadt integriert werden soll. Welche Beweggründe stehen hinter der Entscheidung - und wird er allenfalls auch aus dem Parlament austreten?

Werner Bischofberger, Anfang des Jahres gaben Sie nach einem Jahrzehnt Ihren Rücktritt als Präsident des Vereins Stadtbibliothek bekannt. Wieso wollen Sie gerade jetzt aufhören?

Nach 10-jähriger Tätigkeit als Präsident für den Vorstand der Bibliothek und der in Aussicht gestellten Inkorporation in die Stadtverwaltung ist der Zeitpunkt ideal. Nun sind die Trägerorganisationen, vor allem die Stadt Gossau und die Gemeinde Andwil gefordert, zu definieren, was für eine Bibliothek sie wollen und wie diese zu finanzieren und zu organisieren sei.

Wie stehen Sie der Inkorporation allgemein gegenüber?

Anlässlich der Mitgliederversammlung im März 2023 hat der Vorstand die Inkorporation begründet und zur Abstimmung vorgelegt. Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass die Stadtbibliothek professionelle Führungsstrukturen und finanzielle Absicherungen braucht, die ein Verein nicht mehr bieten kann. Letztlich gehen wir nun den gleichen Weg wie St.Gallen, wo der Verein vor Jahren ebenfalls den Weg der Inkorporation wählen musste.

Also verlassen Sie den Vorstand im Guten und nicht, weil Sie den angestrebten Wandel nicht für gutheissen?

Eigentlich im Gegenteil, ich hätte den Integrationsprozess noch sehr gerne begleitet, denn in 10 Jahren identifiziert man sich mit der Entwicklung der Stadtbibliothek. Doch im Interesse der Institution finde ich es besser, allenfalls eine "Prozessbegleitperson" von ausserhalb einzusetzen. Meine Absicht war es auch, mit dem Rücktritt zu versuchen, dem Prozess etwas mehr Dringlichkeit zu vermitteln. Es soll jetzt vorwärts gehen.

Welches waren Ihre persönlichen Meilensteine in den vergangenen 10 Jahren?

Ein Meilenstein war sicherlich der Einzug der Stadtbibliothek in das Werk 1, das von meinem Vorgänger Alfred Noser und seinen Mitstreitern vollbracht wurde.

Die danach folgenden Etappen würde ich im Vergleich zur „Römischen Meile“ als grosse „Doppelschritte“ bezeichnen. So haben wir eine Strategie entwickelt, haben den Betrieb professionalisiert, haben den Austritt der beiden Kirchen aus der Trägerschaft auch finanziell überlebt, haben die Pandemie ohne Schliessung überstanden, konnten drei neue Leitungspersonen gewinnen, durften die Schulen als Zielgruppe verankern und  konnten die Teuerung ausgleichen und Lohnanpassungen vornehmen.

Wo haben Sie Ihre Fusspuren hinterlassen? 

Wer Fussspuren hinterlässt, zertrampelt oft hoffnungsvolle Pflänzchen. So habe ich mich bemüht, zusammen mit dem Vorstand und den Leitungspersonen die zarten Sprossen aktiv zu fördern und zur Blüte zu bringen. Dabei war es für mich nicht entscheidend, ob wir die grösste, beste, schönste, fortschrittlichste Bibliothek sind. Hauptsache wir bieten für Gossau und Andwil Leistungen an, die von der Bevölkerung gewünscht, geschätzt und genutzt werden.

Was war Ihr schönstes Erlebnis während Ihrer Präsidentschaft?

Das war der Abschiedsanlass für das Vorstandsmitglied Urs Blaser. Mit dem ÖV fuhren Vorstand und Urs zu einer Führung in der Kartause Ittingen. Nach einem feinen Essen ging es zu später Stunde per Postauto zur Frauenfeld-Wil-Bahn. Ein guter Wein als Schlummertrunk schmeckt auch aus einem Plastikbecher während der wackligen Fahrt herrlich.

Wieviel Zeit gewinnen Sie dadurch und was haben Sie mit der Zeit vor?

Als Präsident der Stadtbibliothek muss man mit einem Pensum von durchschnittlich 20% rechnen. Die Anforderungen sind allerdings nicht regelmässig verteilt. Es wechseln ruhige mit fordernden Zeiten. Die nun frei werdende Zeit verbringen meine Frau und ich mit Ausflügen und Reisen. Vielleicht gelingt es uns, unsere Generalabos so oft einzusetzen, dass wir die Kosten erstmals wieder hereinholen.

Wird Ihnen etwas fehlen?

Ganz sicher fehlen mir die sachlichen Diskussionen und Beratungen im Vorstand, bei denen man fast immer spürte, dass eine auf die Zukunft gerichtete Entwicklung der Bibliothek für alle Vorstandsmitglieder im Zentrum stand.

Spielen Sie allenfalls auch mit dem Gedanken, aus dem Parlament zurückzutreten?

Ich mache mir seit Beginn Gedanken über mein Engagement im Parlament. Momentan finde ich eine Verweilzeit von drei Legislaturen für angemessen. Falls nicht unerwartete und ungefreute Ereignisse dazwischenkommen, werde ich noch einmal kandidieren. Eine Wiederwahl würde mich sehr freuen.

Vanessa Vogt
Demnächst