Einsprachen und Rekurse sind ein gängiges Mittel um unerwünschte Bautätigkeiten an Häusern und Strassen dort zu verhindern oder doch mindestens zu verzögern, wo Eigeninteressen objektiv oder subjektiv tangiert sind. Das ist in Gossau nicht anders als in anderen Gemeinden. Und was im Kleinen gilt, gilt auch im Grossen. So lautet bei öffentlichen Planungsverfahren das Zauberwort nicht «Einsprache», sondern «Mitwirken». Das so genannte Mitwirkungsverfahren ist im Kanton St.Gallen schon seit einigen Jahren vorgesehen. Im Bau- und Planungsgesetzt heisst es: «Die für den Planerlass zuständige Behörde sorgt für eine geeignete Mitwirkung der Bevölkerung.» Diese Vorschrift hat die Stadt Gossau lange Jahre «mit Füssen getreten» und wurde deshalb 2017 in der Planung des Sana-Fürstenland-Neubaus unsanft auf «Feld 1» zurückgesetzt. Doch die Gossauer Verwaltung ist lernfähig. Und so gilt seit drei Jahren eine flächendeckende, lokale Mitwirkungsvorgabe. Statt «nie» die Meinung der Bevölkerung zu Planungs- und Bauprojekten einzuholen, werden wir jetzt zu «allen» Vorhaben befragt. Das Nachfrage-Pendel hat auf die andere Seite ausgeschlagen. So werden wir seit einiger Zeit direkt mit Aufforderungen zum Mitwirken überschwemmt. Neben den «grossen Würfen» wie Ortsplanung oder Richtplanung sind wir aktuell etwa aufgefordert, uns zu Projekten wie für den Hochwasserschutz am Wiesenbach, die Neugestaltung der Kreuzung Halden- und Tellstrasse, die Verlängerung der Stadelackerstrasse und die Erschliessung des neuen Schulhauses in Arnegg oder die Erschliessung der Rainhalde konstruktiv zu äussern. Als «grossen Brocken» sind wir aufgefordert, uns zum vorgelegten Gesamtverkehrskonzept GVK zu äussern. Dass dieses Thema interessiert, bezeugt der Grossaufmarsch zur entsprechenden Info-Veranstaltung. Einen zentralen Aspekt des GVK bildet der öffentliche Verkehr. Dazu liest man im GVK: Der öffentliche Verkehr wird gefördert, Taktfrequenzen werden erhöht und die Verlässlichkeit des Fahrplans wird gesteigert. Das Thema ÖV ist so dringend, dass dazu mit dem Buskonzept Gossau 2026 einzelne Massnahmen «vorgezogen» werden. Und diese vorgezogenen Massnahmen haben es in sich, soll doch die Buslinie 151 von Osten kommend neu über die Hirschenstrasse zum Bahnhof geführt werden und damit die Haltestelle Gerbhof – nota bene mit 80’000 Bewegungen die am meisten «gefragte» Haltestelle der Regiobus AG – massiv down-gesized werden. Der Aufschrei in der Bevölkerung ist gross. Aber warum werden dann entsprechende Fragen an der Info-Veranstaltung nicht beantwortet? Der Hinweis, dass das Thema «im Parlament zur Behandlung anhängig» sei, tönt wie eine billige Ausrede. Damit soll der Bus 151 im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens wohl «zwischen Stuhl und Bank fallen» und dem Einfluss der Mitwirkenden entzogen werden. Da bleibt nur noch zu hoffen, dass die vorberatende Kommission und damit das Parlament den «Braten riecht» und das Buskonzept Gossau 2026 zur Überarbeitung zurückweist – mit dem Ziel, die bisherige Linienführung des Buses 151 inklusive Verlängerung nach Arnegg beizubehalten. Es kann ja nicht sein, dass die «Fahrplanzuverlässigkeit» mehr wiegt als die offensichtlichen Wünsche der Busbenutzenden. Mit einem Bus, der wohl pünktlich, aber halbleer am Bahnhof ankommt, ist das Gossauer Verkehrsproblem nicht gelöst.
Ein endlich-wieder-sonniges Wochenende wünscht Ihnen
Ihr Drago
"Mitwirken – aber ohne Bus 151"
Kolumne auf Gossau24.
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jg
"Drache-Füür" vom 24. Mai 2024.