In den letzten Tagen sind die Unterlagen für die nationalen Abstimmungen und lokalen Wahlen vom 22. September ins Haus geflattert. Die Beantwortung der zwei nationalen Abstimmungsfragen ist rasch erledigt, die Meinungen sind aufgrund der öffentlichen Diskussion schon seit längerer Zeit gemacht. Schwieriger ist es hingegen bei den lokalen Wahlen. Für den Job als Gemeindepräsident und Schulpräsident bewerben sich nur je ein Mann. Eine Auswahl ist nicht vorhanden. Da kann man nur «ja» oder «ja» sagen. Oder man zeigt seinen Missmut über die Arbeit des aktuellen Amtsinhabers mit einem eigenen Wahlvorschlag. Damit kann man zwar theoretisch jemanden aus dem Amt wählen, in der Praxis ist es aber doch recht schwierig. «Drago for President» oder «Drago for Schul-Präsi» hört sich zwar sexy an, ist aber wohl kaum mehrheitsfähig. Und der Frust dabei: Nach der Wahl erfährt man ja nicht einmal, wer neben dem Gewählten noch wie viele Stimmen erhalten hat. Im Wahlprotokoll heisst es einfach: Verschiedene - xxx Stimmen. Das gleiche gilt für die Wahl der restlichen Mitglieder des Stadtrates. Es stellt sich die Frage, ob wir die drei Bisherigen nochmals für unser Wohl arbeiten lassen wollen oder nicht. Wer bietet sich als Alternative an? Das Schweigen ist selbstredend…
Bleiben also noch der Schulrat und das Stadtparlament, um unser Bedürfnis nach einer «echt demokratischen Wahl» zu befriedigen. Wobei die Auswahl mit acht Frauen und Männern für sechs Sitze im Schulrat doch eher begrenzt ist. Zahlenmässig besser sieht es da bei den Wahlen für das Stadtparlament für die Jahre 2025 bis 2028 aus. Auf den fünf Listen stehen nicht weniger als 74 Namen von Personen, die sich um die 30 Sitze im Parlament bewerben. Das nenne ich eine echte Auswahl - Wahl im wahrsten Sinne des Wortes eben. Diese Auswahl kann aber auch zur Qual werden. Entscheidungshilfe erhalten wir faktenmässig in Form der Wahlunterlagen mit den fünf Partei-Listen, PR-mässig durch die Postwurfsendungen der Parteien, in denen für ihre Kandidatinnen und Kandidaten geworben wird, und optisch natürlich dank dem üblichen Kopf-Plakat-Salat, der seit einigen Tagen die Ein- und Ausfallsstrassen unserer Stadt schmückt. Dabei sind diese Entscheidungshilfen aber nicht in allen Teilen verlässlich exakt. So muss die Stadt mittels Medienmitteilung einräumen, dass die offiziellen Wahlunterlagen den SVP-Kandidaten Bernd Kellenberger um nicht weniger als 17 Jahre «verjüngen». Und die Werbebroschüre der FDP macht aus dem Nachwuchspolitiker Mycah von Mentlen einen Mycah von Mettlen. Wer hat da wohl in der Parteileitung das «Gut zum Druck» erteilt?
Nun denn, machen wir uns ans Wählen. Wer es sich einfach machen will, steckt eine der fünf vorgedruckten Parteilisten ins Wahlkuvert – unverändert, mit Streichungen oder mit Hinzufügungen von anderen Listen. Wer jedoch die Arbeit nicht scheut, nimmt den leeren Wahlzettel und füllt die Listennummern und die Namen der Auserwählten ein. Das dauert zwar eine Weile, zeigt aber doch ziemlich genau den individuellen Wählerwillen. Und der Hinweis sei erlaubt: Als Wählerin oder Wähler muss man nicht 30 verschiedene Personen aufführen. Man kann auch nur einen Namen oder einige wenige nennen, darf diese dann sogar doppelt aufführen. Die verbleibenden leeren Linien zählen dann als Listenstimmen für die Partei, die man oben im Feld «Liste» eingetragen hat. Die gesamte Zahl der Listenstimmen (Stimmen und Leerzeilen) entscheidet schliesslich, wie viele der 30 Sitze die betreffende Partei erhält. Das führt dazu, dass Frauen oder Männer ins Parlament gewählt werden, die weniger Stimmen erhalten haben als «Überzählige» auf anderen Listen. Das ganze System nennt sich Proporzwahl. Ja und dann gibt es noch die Wählerinnen und Wähler, die darauf verzichten, ihre Meinung kundzutun. Das nennt sich dann Wahlabstinenz…
Ein geruhsames August-September-Wochenende wünscht Ihnen
Ihr Drago
"Drago for President"
Kolumne auf Gossau24.
Bild:
jg
"Drache-Füür" vom 30. August 2024.