Das Gejammer ist laut: Die Frauen sind im neuen Gossauer Stadtparlament massiv untervertreten. Von den 30 Mitgliedern der Gossauer Legislative sind nur deren sechs weiblichen Geschlechts. Das ist genau ein Fünftel oder eben 20 Prozent. Und das bei einem Frauenanteil der Stimmberechtigten von über 50 Prozent. Ein Blick über die Stadtgrenzen zeigt: In den Parlamenten von St.Gallen und Wil beträgt der Frauenanteil 44 respektive 33 Prozent. Auch nicht gewaltig, aber immerhin. Schuld an der Untervertretung der Frauen sind gemäss Aussage der Parteichefs (vier Männer und eine Frau) mehrheitlich die Frauen selbst. Das haben sie mindestens meinen Kolleginnen und Kollegen von der Tagespresse in die Feder diktiert. Es sei enorm schwierig gewesen, Frauen zu motivieren, sich auf die Wahllisten fürs Parlament setzen zu lassen. Er habe mindestens zwölf Frauen angefragt, erklärt SVP-Boss Andreas Oberholzer. Seine Ausbeute: Die 20-jährige Schülerin Noemi Hälg. Dass sie bei der Volkspartei-Basis kaum Chancen hatte, überrascht nicht. Und bei der Konkurrenz schon gar nicht. Manchen Frauen fehle das Selbstbewusstsein für die Politik, meint Mitte-Chefin Ruth Lehner. «Sie trauen es sich nicht zu, vor Leute zu stehen, Reden zu halten und Streitgespräche zu führen – obwohl sie es könnten.» Das Argument ist nicht zwingend überzeugend. Es ist ja nicht so, dass Frauen von «Geschlechts wegen» nicht reden und streiten können. Das beweist der Alltag. Aber vielleicht gehörte es zum umsichtigen Partei-Führen, den Nachwuchs an die Aufgaben im politischen Leben gezielt und geplant heranzuführen. Sich ein halbes Jahr vor den Wahlen auf die Suche nach weiblichen Kandidatinnen zu machen, reicht wahrscheinlich nicht. Sie hätten dann schon die Hälfte der Wahlliste mit Frauen gefüllt, wirft SP-Chef Ruedi Blumer ein. Dass er als politisches Schwergewicht mit seiner Kandidatur den SP-Frauen Stimmen weggenommen hat, verschweigt er aber geflissentlich.
Doch schauen wir uns die Parteien und die gewählten Frauen im Detail an: SVP – null Frauen auf zehn Sitzen = 0 Prozent; Mitte – mit Andrea Rütsche-Schaller und Marina Schwizer zwei Frauen auf acht Sitzen = 25 Prozent; SP – mit der eigentlich parteilosen Barbara Frei eine Frau auf vier Sitzen = 25 Prozent; GLP-FLiG – mit Martina Uffer eine Frau auf vier Sitzen = 25 Prozent; FDP – mit Claudia Kretz Büsser und Ursula Kobler zwei Frauen auf vier Sitzen = 50 Prozent. Mit Erstaunen stellen wir fest: Die FDP hat als Partei mit dem kleinsten Wähleranteil, als einzige das Soll von 50 Prozent erfüllt. Und was folgern wir daraus? Lieber nur sechs Frauen, dafür solche mit Biss und politischem Geschick, als nur Quotenfrauen. Es gilt auch hier: Qualität ist wichtiger als Quantität.
Ein erholsames Vor-Olma-Wochenende wünscht Ihnen
Drago
"Qualität vor Quantität"
Kolumne auf Gossau24.
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jg
"Drache-Füür" vom 4. Oktober 2024.