Eine Ausschreibung sorgt derzeit in Gossau für Aufregung. Im Rahmen der Budgetdebatte im Stadtparlament hat SVP-Frontmann Markus Rosenberger einen Ausschnitt aus der Ausschreibung der Umgebungsarbeiten für die Sportwelt 1 präsentiert. Im dazugehörenden Pflichtenheft ist auch eine Reise an einen Ort in Europa mit Übernachtung und Verpflegung für vier Personen enthalten. Die Reaktionen auf diese «sensationelle Enthüllung» sind massiv. «Verschleuderung von Steuergeldern» oder «Behördenwahnsinn» waren noch die sanftesten Worte. Auch einige Kollegen von der schreibenden Zunft sahen sich bemüssigt, zu reagieren. Sie folgten Rosenbergers Vorgabe und verteufelten die Gossauer Sportweltplaner. Was für ein Frevel: Eine Gruppenreise auf Kosten der Steuerzahler. Auch der Besitzer der einzigen lokalen Baumschule meldet sich zu Wort und fordert im «Sinne der Nachhaltigkeit» die Berücksichtigung «lokal produzierter Pflanzen».
Mit Verlaub gesagt, die ganze Geschichte rund um das «Auslandreisli» mutet doch etwas konstruiert an. Es wird der Eindruck erweckt, dass bereits alles entschieden und die vier Koffer für die «Reise an einen Ort in Europa» schon gepackt sind. Dabei handelt es sich bei der von Rosenberger zitierten Passage nur um einen Ausschnitt aus der umfangreichen Ausschreibung für die gesamten Gartenbauarbeiten für die Sportwelt 1, die von einem im Submissionsverfahren erfahrenen Landschaftsplaner erstellt worden ist. Da es sich beim Auftrag um ein Volumen von über 1,5 Millionen Franken handelt, muss die Ausschreibung zwingend international erfolgen. Und sie muss vor allem alle nur denkbaren Positionen enthalten, die bei Auftragserfüllung auftreten können. Dies nicht zuletzt deshalb, um nach Auftragserteilung nicht unliebsame Kosten-Überraschungen zu erleben.
Der Ball liegt jetzt bei den Gartenbauspezialisten und "Baumschulisten" von ganz Europa – und natürlich auch von Gossau und Umgebung. Sie sind gefordert, innert nützlicher Frist eine Offerte einzureichen, die im Auswahlverfahren zu bestehen vermag. Die zuständige Baukommission wird dann aus der hoffentlich langen Liste der Offerten die beste auswählen. «Beste» heisst in diesem Fall nicht einfach die billigste, sondern diejenige, welche die im Submissionswesen geltenden Kriterien am besten erfüllt. Und dazu gehört auch die Nachhaltigkeit. Ich bin überzeugt, dass die Kommission ihren Entscheid sorgfältig fällen wird. Sollte das nicht der Fall sein, können Rosenberger und Co. immer noch die Kanonen hervorholen und dann auf ausgewachsene Elefanten und nicht auf Spatzen schiessen.
Ein besinnliches drittes Advents-Wochenende wünscht Ihnen
Drago
"Kanonen und Spatzen"
Kolumne auf Gossau24.
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jg
"Drache-Füür" vom 13. Dezember 2024.