Seit gefühlten drei Wochen eile ich jeden Abend an ein Weihnachts-Jahresend-Essen eines der Vereine, Gruppen, Gruppierungen, Zirkel, Tische, Parteien usw., bei denen ich Mitglied oder Teil des Vorstandes bin. Alle haben sie eingeladen: Die selbsternannten Obmänner der Jass-Gruppe 1, der Jass-Gruppe 2, der Jass-Gruppe 3 sowie der Partei-XY-Vorstand, der JGVG-Vorstand, der Service-Club-Vorstand und die Vorsitzende der Wandervögel, der Chef der Seniorengruppe, der Sportclub-Präsident, die CCC-Frauen, der Leiter des Krimi-Zirkel und so weiter und so fort. Und alle Chargierten geben sich bei der Wahl des Menüs unglaublich viel Mühe. Und alle treffen die gleiche Wahl. So kommt es, dass ich die letzten Wochen gefühlt jeden zweiten Abend Roastbeef mit Sauce Béarnaise, Kartoffelgratin und Bohnen esse. Wer kann mir erklären, weshalb alle 2024-Weihnachts-Jahresend-Essen-Organisatorinnen und -Organisatoren bei der Menüwahl zum gleichen Resultat gekommen sind? Sind es die Wirtinnen und Wirte, die ihnen dazu raten? Und wer bitte sorgt dann dafür, dass alle Wirtinnen und Wirte zur Reservations- und Bestellzeit die gleichen Menüvorschläge machen? Sind es etwa die Rindfleischproduzenten, die zur Vorweihnachtszeit eine konzertierte Aktion für Rinds Entrecôte lancieren? Wer weiss es? Was ich aber inzwischen gelernt habe: So verschieden die Küche und Küchen, so verschieden sind auch die Stufen der vorgesetzten Roastbeef-Qualität. Von zart bis zäh ist alles möglich. Zudem lässt die Zubereitung der Sauce Bérnaise den Köchinnen und Köchen offensichtlich viel Spielraum. Von sämig-lecker bis sauer-eklig habe ich in den letzten drei Wochen alles erlebt.
Doch langsam sehe ich das Ende des Weihnachts-Jahresend-Essen-Stresses kommen. Die Tage bis Silvester bleiben garantiert Roastbeef-frei. Am Heiligabend gibt’s Fondue Chinoise, am Heiligtag einen ausgedehnten Brunch. Und an den Tagen bis Silvester werden dann die Resten aufgetischt. Doch schon kurz nach dem Neujahrstag droht schon wieder Ungemach. Dieselben Vereine, Gruppen, Gruppierungen, Zirkel, Tische und Parteien, die zum Roastbeef-Schmaus geladen haben, wünschen «die geehrte Anwesenheit» am Neujahrs-Treff oder Neujahrs-Apéro zu empfangen. Anstelle von Roastbeef gibt es Meterbrote mit Salami, Schinken, Mostbröckli, Thon Mousse, Eimasse oder Käse oder oder oder… Geliefert wird die Meterware von den heimischen Bäckereien. Spätestens Ende Januar werde ich dann vom überstandenen Neujahrs-Treff-Apéro-Stress berichten und eine Rangliste der Meterbrot-Lieferanten erstellen – von «lecker» bis «na ja».
Ein stressfreies Vorweihnachts-Wochenende wünscht Ihnen
Drago
"Ess-Stress à gogo"
Kolumne auf Gossau24.
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jg
"Drache-Füür" vom 20. Dezember 2024.