Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Kultur
18.07.2025
18.07.2025 16:45 Uhr

Edith de Camargo – eine Stimme zwischen zwei Kontinenten

Edith de Camargo bei einem Konzert im Museümli in Buchs SG. Bild: Sepp Köppel / gossau24.ch
Edith de Camargo Mosberger ist in Gossau aufgewachsen. Heute lebt sie in Brasilien, wo sie als Musikerin, Komponistin, Stimmpädagogin und Schauspielerin wirkt. Bei einem Besuch in ihrer alten Heimat erzählt sie, wie sie in der Ferne zur Kunst fand und wie das Leben zwischen zwei Kulturen sie bis heute prägt.

Die Musik begleitet Edith de Camargo seit ihrer Kindheit. Aufgewachsen ist sie mit sieben Geschwistern im Gossauer Niederdorf auf einem Bauernhof. In ihren frühesten Erinnerungen sitzt sie dort mit der Melodica auf dem Küchenboden, entlockt Vaters Handorgel erste Melodien oder spielt mit sechs Jahren am Klavier schon eigene Stückchen.

Den Amazonas sehen

Heute lebt Edith in Curitiba, einer Millionenstadt im Süden Brasiliens. Vor über 30 Jahren verliess sie die Schweiz mit ihrem damaligen Partner. Geplant war, nur ein paar Jahre in seinem Heimatland zu bleiben. Vor der Reise erinnerte sie sich an ein Foto in einem alten Silva-Buch, das sie als Kind oft betrachtet hatte. Unter dem eingeklebten Bild stand «Sonnenuntergang über dem Amazonas». Nun würde sie ihn also bald in echt sehen!

Die Musik findet ihren Raum

Noch in der Schweiz konnte Edith sich nicht vorstellen, ihre Leidenschaft für Musik zum Beruf zu machen. «Ich war eher scheu und stand nicht gerne im Rampenlicht», erzählt sie. In Curitiba aber begann etwas Neues. Sie belegte Kurse am Konservatorium für brasilianische Volksmusik, traf Gleichgesinnte, begann zu komponieren. «Die Lieder flogen mir einfach zu», sagt sie. Zum ersten Mal konnte sie sich ganz der Musik widmen. 

Edith de Camargo bei einem Konzert in der Capela Santa Maria in Curitiba. Bild: Lídia Ueta

«Wandula»

Im ersten Jahr in Brasilien lernte sie Marcelo Torrone kennen, der für die nächsten 17 Jahre ihr Musikpartner wurde. Gemeinsam mit Claudio Pimentel gründeten sie «Wandula». Sie spielten viele Konzerte und produzierten mehrere CDs. «Wandula war eine musikalische Hochzeit», schwärmt sie. «Wir trafen uns in einer selbstverständlichen musikalischen Nähe, wie man sie selten findet.» Heute arbeitet Edith als Stimmpädagogin, komponiert Soundtracks für verschiedene Theater-, Tanz- und Filmprojekte und hat weiterhin Auftritte. Und: Sie hat gerade eine Masterarbeit zum Thema «Körper, Stimme und Raum für Bühnenleute» abgeschlossen.

Zwei Welten, ein Ich

Durchschnittlich alle zwei Jahre kommt Edith in die Schweiz – meist nur für wenige Wochen. Dann stehen jeweils viele Treffen an: bei der grossen Familie und den alten Freunden. «Durch Gossau zu gehen, ist wie Kinderschuhe anzuziehen», sagt Edith und bleibt immer wieder stehen. «Hier war der Chläusler ... genau dort drehte sich die Berg- und Talbahn.» In der immer noch vertrauten Umgebung tauchen alte Bilder auf. 

Zum ersten Mal in 30 Jahren ist Edith ohne ein Rückflugticket in die Schweiz gereist. Sie möchte für einmal ohne Zeitdruck hier sein. Zurzeit knüpft sie neue musikalische Kontakte in der alten Heimat und ist positiv überrascht: «Die Menschen sind sehr offen. Überhaupt hat sich die Schweiz sehr geöffnet.» Je älter sie wird, umso bedeutender werden für sie ihre Wurzeln. Doch zwischen zwei Ländern zu leben, ist eine geografische und emotionale Herausforderung: «In Brasilien werde ich immer ‹die Schweizerin› sein und hier in der Schweiz merke ich, dass ich schon lange nicht mehr nur Schweizerin bin.» 

Lieder in vier Sprachen

Edith de Camargo ist zurzeit mit ihrem neuen Solo-Konzert «Sing Song territoire #1 der Vogel» unterwegs. Sie singt eigene Lieder in Deutsch, Französisch, Englisch und Portugiesisch und begleitet sich dabei am Klavier. Am Samstag, 23. August 2025, 19:30 bis 22:00 Uhr, tritt sie im Kaffeehaus, Linsebühlstrasse 77 in St.Gallen auf.
Weitere Infos unter edithmusik.com

Claudia Vamvas
Demnächst