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Stadt Gossau
17.12.2025
17.12.2025 11:58 Uhr

«Ich finde es sehr wichtig, dass man einander zuhört»

Florian Kobler (SP) tritt auf Ende 2025 nach 15 Jahren aus dem Gossauer Stadtparlament zurück. Bild: zVg
Nach 15 Jahren engagierter Arbeit im Gossauer Stadtparlament zieht sich Florian Kobler (SP) per Ende 2025 aus der kommunalen Politik zurück. In dieser Zeit hat er die politische Entwicklung der Stadt in verschiedenen Bereichen mitgeprägt. Der Abschied aus dem Parlament bedeutet für ihn jedoch keinen Abschied von der Politik: Im Kantonsrat bleibt er weiterhin aktiv. Gossau24 hat mit ihm über prägende Momente, politische Haltung und den Blick nach vorne gesprochen.

Florian, du warst während 15 Jahren Teil des Gossauer Stadtparlaments. Gab es einen Moment oder ein Erlebnis, das dich als Politiker – vielleicht auch als Mensch – besonders geprägt hat?

Florian Kobler: 
Immer in Erinnerung wird mir der Moment bleiben, als das Stadtparlament einstimmig dem Modul 1 der Gossauer Sportwelt (Hallenbad und Fussballtribüne/-plätze) zugestimmt hat. Ich durfte den ganzen Prozess von Beginn weg politisch begleiten. Dieser Entscheid war für mich sinnbildlich, wie Demokratie in der Schweiz funktionieren sollte. Viele Menschen haben sich für dieses Projekt engagiert, in der Politik wurde mehrere Jahre um Kompromisse gerungen und schlussendlich dieses klare Ergebnis. Das sehr deutliche Ja an der Urne bestätigte dem Parlament, dass es den richtigen Weg eingeschlagen hatte.

Du giltst als jemand, der gerne über Parteigrenzen hinweg arbeitet. Würdest du das bestätigen? Und weshalb ist dir dieser Austausch wichtig?

Ich finde es sehr wichtig, dass man einander zuhört, auch wenn man politisch nicht derselben Meinung ist. Mich interessieren andere Argumente und Haltungen. Für nachhaltige Lösungen in der Politik müssen verschiedenste Interessen einfliessen. Deshalb bereitete mir auch die letzte Budgetdebatte im Stadtparlament enorm Mühe. Die SVP zeigte keinen erkennbaren Willen zum Kompromiss und setzte ihre Position kompromisslos durch. Im Kantonsrat gibt es ähnliche Tendenzen, da frage ich mich schon, wohin das führen soll.

Als Familienvater und aktive Person hast du viele Rollen. Was hat dich über all die Jahre am meisten motiviert, dich politisch für deine Stadt zu engagieren?

Am meisten motiviert hat mich immer das Vertrauen der Menschen. Wenn jemand auf mich zukam und sagte: «Florian, da sollte man etwas tun, kannst du dich dafür einsetzen?», war das für mich ein starkes Zeichen. Es hat mir gezeigt, dass die Leute mir ihre Anliegen anvertrauen und darauf zählen, dass ich mich engagiere. Dieses Vertrauen war und ist für mich immer ein Antrieb für meine politische Arbeit.

2022 warst du Parlamentspräsident. Welche Einsicht in politische Prozesse oder in die politische Kultur hast du aus dieser Rolle mitgenommen?

Mein Präsidialjahr hat mir vor allem bestätigt, was ich schon lange wusste. Gossau hat eine unglaublich lebendige Vereinslandschaft. Viele Menschen engagieren sich ehrenamtlich, das ist ein wichtiger Pfeiler unserer Gesellschaft. Kinder und Jugendliche profitieren von einer sinnvollen Freizeitgestaltung, die Gemeinschaft wird gestärkt. Wenn gewisse Parteien immer noch mehr sparen wollen, auch bei der Kultur und beim Sport, müssten sie diesen Aspekt auch berücksichtigen. Leider machen sie das viel zu selten.

Gossau entwickelt sich stetig weiter. Welche Veränderungen hättest du gerne gesehen oder wünschst du dir für die Zukunft von Gossau?

Die Verkehrsentwicklung in Gossau bereitet mir grosse Sorgen, es fehlt der Wille zu echten Veränderungen. Selbst für die Aufwertung der Bahnhofstrasse hatte der Stadtrat nicht den Mut. Hoffnung macht mir, dass Gossau nun endlich einen Quartierbus hat und im kommenden Jahr die erste Gossauer Velostrasse eröffnet wird. Wir müssen unser Mobilitätsverhalten überdenken, denn das ist mitentscheidend für die Aufenthaltsqualität in unserer Stadt. Gossau soll unbedingt lebendig bleiben, dabei ist es alles andere als förderlich, dass das Auto so viel (und immer mehr) Platz im Stadtbild einnimmt.

Mit deinem Rücktritt aus dem Gossauer Parlament lässt du einen wichtigen Teil deiner politischen Arbeit hinter dir. Was nimmst du aus der kommunalen Politik mit in den Kantonsrat, in dem du ja weiterhin tätig bist?

Die kommunale Politik war für mich eine wertvolle Schule. Ganz bestimmt weiss ich nach all den Jahren, wie man mit politischen Niederlagen umgehen kann, das hilft auch im Kantonsrat. Hier sind die Mehrheitsverhältnisse ähnlich, wie im Stadtparlament Gossau. Kurz schütteln und weitermachen, ohne diese Einstellung kann man als SP-Politiker kaum langjährig aktiv sein im Kanton St.Gallen.

Für nachhaltige Erfolge muss man Allianzen schmieden und man muss das nötige Feuer für ein Ziel entwickeln, als Läufer würde ich es so umschreiben, man muss bereit sein, die Extrameter zu gehen.

Mit Rebecca Meier rückt eine junge Vertreterin der GRÜNEN für dich nach. Was wünschst du ihr für ihren Start im Stadtparlament?

Es freut mich sehr, dass eine sozial denkende, junge und motivierte Frau aus Arnegg für mich nachrückt. Rebecca wird dem Parlament guttun. Ich wünsche ihr die nötige Portion Gelassenheit in der parlamentarischen Arbeit. Sie wird ihren Weg gehen, davon bin ich fest überzeugt.

Herzlichen Dank, Florian, und alles Gute für deinen weiteren (politischen) Weg.

Claudia Vamvas
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