Bruno Cozzio, die Mitte:
Der zweite Sessiontag - 14. Februar 2023
Pünktlich um 08.30 Uhr eröffnete Kantonsratspräsident Jens Jäger den zweiten Sessionstag.
Als erstes Geschäft wurde die Dringlichkeit einer Interpellation zum Vorgehen der Regierung zu Wil West vom Rat ohne Diskussion bestätigt. Auch die Regierung bestritt die Dringlichkeit nicht, so dass die Interpellation gegen Ende des morgigen dritten Sessionstags diskutiert wird.
Mit den Geschäften 22.22.17, 22.22.18 und 22.22.19 wurden drei Finanzgeschäfte diskutiert, welche durch die Finanzkommission (Fiko) im Vorgang in einer Kommissionssitzung bearbeitet wurden. Thematisch ging es um die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, über die Familienzulagen sowie um den XXlll. Nachtrag zum Volkschulgesetz. Die Fiko empfahl eintreten auf alle drei Vorlagen und mit der Ergänzung zum Volkschulgesetz auch alle anzunehmen.
22.22.17, ll. Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung. Hier wurde im Schwergewicht der Art. 14 diskutiert, wo es darum geht, wer was bezahlen muss. Vor allem für die grösseren Städte bedeutet der Wechsel der Kosten auf die Wohngemeinde massiv mehr Kosten. Das Argument, dass grosse Gemeinden/Städte für Sozialhilfeempfänger attraktiver sind, ist nicht vom Tisch zu weisen. Trotzdem scheinen mit dem Lastenausgleich diese Kosten ausgeglichen zu sein. Selbst die Vereinigung der Gemeindepräsidenten/innen ist für die Fassung der Regierung. Somit wurden der Anträge der SP mit 44 Ja zu 72 Nein klar abgelehnt. Somit kam der Eventualantrag zur Abstimmung, welcher eine Verteilung gem. Einwohnerzahl will. zur Abstimmung. Auch dieser wurde mit 49 Ja zu 63 Nein Stimmen abgelehnt.
22.22.18, ll. Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Familienzulagen. Seitens der Grünen wurde Eintreten bestritten. Der Rat trat trotzdem mit 84 Ja zu 27 Nein Stimmen auf die Vorlage ein. Diese wurde dann ohne Diskussion bestätigt.
22.22.19, XXVlll. Nachtrag zum Volkschulgesetz. Seitens der SP wurde Eintreten bestritten. Der Rat trat jedoch mit 86 Ja zu 27 Nein Stimmen auf die Vorlage ein. Seitens der Grünen Fraktion wurde ein Rückweisungsantrag an die Regierung gestellt. Dieser wurde mit 24 Ja zu 82 Nein Stimmen klar abgelehnt. Die Vorlage wurde dann in der Fassung der vorberatenden Kommission ohne Diskussion durchgewunken.
Mit dem Finanzplan für die Jahre 2024 bis 2026 kam in einer Lesung nun das grösste Geschäft dieser Session zur Diskussion. Eintreten wurde nicht bekämpft. Aber obwohl der Kanton im Moment noch finanziell gesund ist, muss aufgrund der errechneten Defizite ab dem Jahr 2024 mit Vorsicht gearbeitet werden. Schlussendlich zog sich die Beratung des Finanzplanes - über die Mittagspause hinaus - mehr als drei Stunden reine Beratungszeit hin.
Zur Detaildiskussion: Einmal mehr standen die Lohnentwicklungen des kantonalen Personals zur Diskussion. Nachdem die Finanzkommission mittels Antrag den geplanten Teuerungsausgleich von 1.7% auf 1.4% sowie den Sockelpersonalaufwand von 0.4% auf 0.2% gekürzt hat, wurde Ersterer seitens der SP mittels Antrag des Teuerungsausgleiches des Vorjahres für die Jahre 2024 auf 2.2% und 2025 auf 1.5% bekämpft. Die Regierung hat sich für den von der Fiko gestrichenen Personalkredit zur IT-Offensive eingesetzt. Falls dieser abgelehnt wird, soll mittels Eventualantrag der Sockelpersonalaufwand weiterhin bei 0.4% belassen werden. Die SP möchte die Quote für individuelle Lohnmassnahmen, welcher von der Fiko auf 0.6% gekürzt wurden, weiterhin bei 0.8 belassen. Ein Wert, der bei der Schaffung des neuen Lohnsystems des Kantons (NELO) als sinnvoll erachtet wurde. Sie hat dementsprechend Antrag gestellt. Bei der Teuerung verzichtet die Regierung auf einen Antrag, da die Teuerung sowieso erst mit dem Budget im November verlässlich festgestellt werden kann und somit auch erst dann darum gestritten werden soll. Seitens der bürgerlichen Fraktionen wurde der Antrag zur Anpassung der Abzüge und Tarifstufen gestellt. Diese sollen sich ab dem Jahr 2024 dem Landesindex für Konsumentenpreise anpassen.
Des Weiteren wurden in der Spezialdiskussion verschiedenste Detailfragen zu einzelnen Konten erfragt, welche von den jeweiligen Regierungsmitgliedern kompetent beantwortet wurden. Bei den Löhnen ist die Regierung überzeugt, dass diese im Vergleich zu anderen Kantonen und der Privatwirtschaft kompatibel sind. Ein Manko besteht vor allem bei den Löhnen im Bereich der jungen Mitarbeiter, wo die Privatwirtschaft klar im Vorteil ist. Ein entsprechender Antrag zu diesen Fragen wurde aus dem Rat gestellt.
Seitens der SP wurden die Anträge teilweise sehr kurzfristig gestellt, so dass damit eine seriöse Prüfung durch die anderen Fraktionen nicht möglich war. Dies führt in der Regel zur Ablehnung des Antrages. So wurden noch zwei zusätzliche Anträge zur Pflegeinitiative und zur Bekämpfung des Personalmangels eingereicht, welche dann abgelehnt wurden. Bruno Damann, Mitte Regierungsrat, informiert vor allem im Bereich der Pflege dass die Regierung im Budget ganz sicher die notwendigen Mittel zur Erfüllung der Pflegeinitiative beantragen wird. Dies wird nötig, auch um die entsprechenden Bundesmittel einsetzen zu können.
Abstimmungen zu den Anträgen:
Der Antrag der Regierung zum Personalaufwand zu IT und Digitalisierungsvorhaben wurde mit 19 Ja zu 85 Nein Stimmen abgelehnt.
Der Eventualantrag der Regierung den Sockelbeitrag bei 0.4% zu belassen wurde mit 37 Ja zu 72 Nein Stimmen abgelehnt.
Der Antrag der SP die Teuerungsausgleiche 2024 auf 2.2% und 2025 auf 1.5% anzuheben wurde mit 28 Ja zu 68 Nein Stimmen abgelehnt.
Der Antrag der SP die Quote für individuelle Lohnmassnahmen auf 0.8% zu belassen wurde mit 33 Ja zu 78 Nein Stimmen
Der Antrag der SP zum Auftrag einer Lohnanalyse wurde mit 27 Ja zu 82 Nein abgelehnt.
Gesamthaft können vom kantonalen Personal die jeweilige Kürzungen, welche von der Fiko vorgeschlagen werden und vom Rat auch meistens so beschlossen werden, doch nur schwer verstanden werden. Auch wenn der Lohn nicht immer alles entscheidet, aber trotzdem bleibt er ein wichtiges Element in der Zufriedenheit der Mitarbeitenden.
Schlussendlich wurde in der Gesamtabstimmung der Finanzplan 2024 bis 2026 mit 112 Ja-Stimmen ohne Gegenstimme in der Version der vorberatenden Kommission bestätigt.
Nach dem Finanzplan ging es weiter mit Finanzen, genauer um drei Nachträge zum Steuergesetz, welche in erster Lesung zur Diskussion stehen. Eintreten zu den drei Geschäften wurde gesamthaft diskutiert, wobei nur zum XXl. Nachtrag das Eintreten bestritten wurde.
In der Diskussion wurde vor allem der Art. 317 im XlX Nachtrag zum Steuergesetz diskutiert. Zu diesem Artikel gab es zu den Absätzen 1 bis 3 insgesamt 9 Anträge. Thema vor allem die sogenannte kalte Progression, welche in der jetzigen erst bei einer Teuerung von 3% greift. Dies ist deshalb immer wieder Thema, da mit der Teuerung auch die Löhne steigen und so die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in eine höhere Progression kommen und überproportional zum Mehreinkommen Steuern zahlen müssen. Die vorberatende Kommission schlägt deshalb vor, dass auch der Kanton St.Gallen analog dem Bund die kalte Progression jährlich automatisch aktualisiert wird und nicht erst bei 3 Prozent Teuerung. Die Regierung stellte Antrag diese Neuerungen wieder komplett zu streichen, aus verschiedenen Fraktionen kamen Anträge zu den einzelnen Absätzen mit verschiedenen Zwischenvarianten.
22.22.20 der XlX. Nachtrag zum Steuergesetz (Anpassung aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben und weiteren Änderungen)
Nach ausgiebiger Diskussion des Artikels 317 zur kalten Progression wurden schliesslich alle drei Absätze in der Fassung der vorberatenden Kommission, ergänzt durch den Antrag der Mitte-EVP / FDP / SVP Fraktion zu Absatz 2 klar bestätigt. Damit wird in Zukunft die kalte Progression analog dem Bund jährlich und automatisch aktualisiert werden, falls der Rat dies in der zweiten Lesung und in der Schlussabstimmung in der nächsten Session bestätigt.
22.22.21 der XX. Nachtrag zum Steuergesetz (Reduktion der Erbschafts- und Schenkungssteuer für Konkubinats Partnerinnen und-partner)
Hier soll es vor allem Erleichterungen für Konkubinats Paare in Angleichung an verheiratete Paare geben. Natürlich müssen dazu gewisse Kriterien, z.B. fünf Jahre gemeinsames Wohnen, erfüllt werden. Dieses Geschäft wurde ohne Diskussion durchgearbeitet und bleibt unverändert gemäss Vorschlag der Regierung.
22.22.22 der XXl. Nachtrag zum Steuergesetz ( Anpassung der Besteuerung der Vorzugsmieten)
Bei einer Vermietung des Objektes an eine nahestehende Person mit unterdurchschnittlicher Miete muss nicht mehr der durchschnittliche regionale Mietzins für ein vergleichbares Objekt versteuert werden, sondern die effektiv erhaltene, tiefere Miete. Hier wurde das Eintreten seitens der SP / Grüne und einer Einzelperson GLP bestritten. Der Rat trat ohne Diskussion mit 75 Ja zu 26 Nein Stimmen auf den XXl. Nachtrag ein. Die Diskussion der Vorlage warf danach keine grossen Wellen, wurde rasch durchgearbeitet und bleibt in der Version der Regierung.
Damit wurde nach den Geschäften in die Vorstösse gewechselt, wozu der Kantonsratspräsident die Führung des Rates der Vizekantonsratspräsidentin Andrea Schöb-Sturzenegger übergab.
Finanzdepartement (FD);
Motion 42.22.12, Begrenzung des Fahrkostenabzugs erhöhen – Mittelstand entlasten. Der Auftrag dieser Motion lautet wie folgt; Die Regierung wird eingeladen, einen Entwurf vorzulegen, um im Rahmen der Vorlage zur Entlastung des Mittelstands eine Erhöhung der Begrenzung des Fahrkostenabzugs miteinzubeziehen und dadurch die steuerliche Attraktivität im interkantonalen Vergleich zu verbessern. Auf die Motion wurde nach sehr langer und teilweise sehr emotionaler Diskussion mit teilweisen kuriosen Argumenten auf deren Aufzählung ich gerne verzichte eingetreten und mit 69 Ja zu 39 Nein Stimmen gutgeheissen.
Mit der Gutheissung einer Motion durch den Kantonsrat ist die Regierung in der Pflicht, das entsprechende Gesetz mit einem Vorschlag im Sinne der Motion dem Kantonsrat spätestens innert dreier Jahre zu unterbreiten.
Dazu wurden noch vier Interpellationen mit verschieden Fragen durch die Interpellanten gewürdigt, wobei die Interpellanten mit den Antworten der Regierung nicht immer zufrieden waren.
Departement des Innern (DI)
Drei Motionen in der Zuständigkeit des DI standen zur Diskussion an. Bei allen drei Motionen beantragt die Regierung Nichteintreten! Infolge der grossen Redefreude des Parlaments konnte heute nur die Motion 42.22.11, sie beinhaltet die Voraussetzung guter Deutschkenntnisse für die Einbürgerung, abschliessend behandelt werden. Eintreten wurde in der Folge - wie von der Regierung beantragt - abgelehnt und damit ist die Motion erledigt.
Die zweite Motion sowie die dritte Motion konnten aus zeitlichen Gründen heute nicht mehr abschliessend behandelt werden.
Um 17.00 Uhr beendet der Kantonsratspräsident den heutigen, zweiten Sessionstag und erwartet den Rat morgen um 08.30 Uhr zum Abschluss der Session.