Dank vergleichsweise tiefer Inflation fällt der Zinsschock hierzulande viel weniger stark aus als in fast allen anderen entwickelten Volkswirtschaften. Zudem können hierzulande Hypothekenschuldner dank freier Produktwahl mittels Geldmarkthypotheken Zinsspitzen bei den teurer gewordenen Festhypotheken brechen. Dank der hierzulande bestehenden Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen vom steuerbaren Einkommen schlagen sich Zinserhöhungen nur stark gedämpft im Budget der hiesigen Haushalte nieder.
Zusammen mit einigen Ländern Nordeuropas gehört die Schweiz traditionell zu den Ländern mit der höchsten privaten Verschuldung pro Kopf. Unbestritten bergen hohe Schulden höhere Risiken für die Finanzstabilität. Die isolierte Betrachtung der Schuldenquoten verzerrt aber das wahre Schuldenrisiko. Denn in der Schweiz stehen den Schulden Vermögen gegenüber, welche weltweit zu den höchsten zählen. In der Schweiz ist zudem die Zinsbelastung der Haushalte dank des strukturell tieferen Zinsniveaus trotz hoher Schuldensumme tiefer als in fast allen anderen Ländern. So gesehen können wir uns hohe Schulden für wenig Geld leisten. Dies auch dank unserer starken Währung, unserer Haushaltsdisziplin und der Tatsache, dass die Schweiz in Krisenzeiten immer schon ein sicherer Hafen für Kapital war.
In der Schweiz bleibt aber die Knappheit an Wohnraum auch nach der Zinswende das alles dominierende Thema am Immobilienmarkt. Denn die Schweiz ist eines der am schnellsten wachsenden entwickelten Länder und gleichzeitig ist die Bautätigkeit hierzulande eine der geringsten. Und wo die Nachfrage steigt und das Angebot knapp ist, da sinken die Preise nicht.
Referenzzinssatz sorgt für Bewegung bei Mietzinsen
Die ohnehin schon alles beherrschende Knappheit im Schweizer Immobilienmarkt hat sich zuletzt noch einmal deutlich akzentuiert, vor allem am Mietwohnungsmarkt, wo die Zahl der ausgeschriebenen Wohnungen weiter förmlich einbricht. Ein noch einmal spürbarer zusätzlicher Zuwanderungsimpuls lässt die Nachfrage nach Wohnraum weiter in die Höhe schnellen. Gleichzeitig wird in Anbetracht der hohen Nachfrage schlicht zu wenig verdichtet und gebaut. Die Leerstände schmelzen entsprechend weiter im Rekordtempo dahin. Es ist deshalb nur noch eine Frage der Zeit, bis die Marktmieten stark anziehen werden.
Keine Explosion der Mieten wird es dagegen bei den mietrechtlich geschützten Bestandsmietern geben. Zwar wird der hypothekarische Referenzzinssatz, an dem sich die Mietzinsen orientieren, in diesem Jahr voraussichtlich erstmals in seiner bald 13-jährigen Geschichte steigen. Aber von der ersten Erhöhung sind nur rund 45% der Mieterinnen und Mieter potenziell betroffen. Die Mehrheit der Mieterverhältnisse wird damit vorerst von steigenden Mieten verschont bleiben.
Mangels Erfahrungen mit einem steigendem Referenzzins kann kaum abgeschätzt werden, wie viele Vermieter bei der Minderheit der Mieter, bei denen bald Mietzinserhöhungspotentiale bestehen, diese auch tatsächlich durchsetzen werden. Wie bei Referenzzinssatzsenkungen gibt es auch in die Gegenrichtung keinen Automatismus bei der Weitergabe höherer Mietzinse. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Vermieter in der Regel besser über die Mechanismen und Spielregeln im Markt informiert und professioneller organisiert sind als Mieter. Und gerade institutionelle Investoren sind ihren Kunden gegenüber verpflichtet, eine renditeorientierte Bewirtschaftung ihrer Immobilienportfolios vorzunehmen.
Die Studie «Immobilien Schweiz» bietet jedes Quartal eine ausführliche Lagebeurteilung des Schweizer Immobilienmarkts. Die aktuelle Studie sowie weitere Informationen gibt es auf RaiffeisenCasa.ch.