Die Heizzentrale wurde im Abstimmungsgutachten unter anderem wie folgt beschrieben: «Die Heizzentrale wird als moderne und zukunftsgerichtete Anlage mit 90 Prozent erneuerbarer Energie im Untergeschoss des Turnhallenneubaus geplant. Es handelt sich dabei um einen Eisspeicher. Die Heizzentrale dient nicht nur dem Turnhallenneubau, sondern ersetzt die alte Zentrale des Nahwärmeverbundes im Oberstufenschulhaus, welche das Oberstufenzentrum, den Kindergarten, die Seniorenwohnungen, den Lindensaal, die evangelische Kirche sowie das alte und neue Schulhaus Feld mit Wärme versorgt. Für die grossen Warmwasser-Verbraucher wie Turnhalle und Seniorenwohnungen wird ein Blockheizkraftwerk eingebaut, das unabhängig von der Heizung das gesamte Jahr hindurch Wärme und Strom produziert. Um die Anlage optimal auszulasten, wird die Spitzenenergie über einen Gaskessel bereitgestellt, der gleichzeitig als Ausfallsicherung dient. Der Gaskessel wird mit mindestens 50 Prozent Biogas geheizt.»
Anregung der «IG Nachhaltige Zukunft Flawil»
Vor gut einem Jahr hat sich die weltpolitische Situation so verändert, dass die Energiepreise stark gestiegen sind und die Energieverfügbarkeit teilweise in Frage gestellt wurde. Deshalb hat die «IG Nachhaltige Zukunft Flawil» angeregt, nochmals zu prüfen, ob zur Ergänzung der Eisspeicherheizung die für Spitzenlasten ursprünglich geplante Gasheizung stattdessen mit einer Holzschnitzelheizung geplant werden soll. Zur Beantwortung dieser Fragestellung wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses zeigt auf, dass sich eine Holzschnitzelheizung in Ergänzung zur Eisspeicherheizung ökologisch und ökonomisch lohnen würde. Allerdings ist gemäss Gutachten zu beachten, dass für die Variante mit der Holzschnitzelheizung rund eine Million Franken mehr investiert werden muss.
Abwägung durch Baukommission
Die Baukommission «Neubau Turnhalle und Musikschulzentrum Feld» hat das Gutachten aufgearbeitet und eingeordnet. Und sie kam zu folgendem Schluss: Nimmt man einen bei der jeweiligen Branche recherchierten, eingemitteten Preis über die nächsten Jahre sowohl für Holzschnitzel als auch für (Bio-)Gas und eine Amortisationszeit von 15 Jahren für die zusätzlichen Investitionen in die Holzschnitzelheizung, kommen die Heizkosten mit rund 21 Rappen pro Kilowattstunde (kWh) bei beiden Systemen gleich hoch zu liegen. Dabei ist sich die Baukommission bewusst, dass die ökonomischen Abwägungen im Wesentlichen von den Energiepreisen abhängen. Auf diese Abhängigkeit weist auch das Gutachten hin.
Was die ökologische Betrachtungsweise betrifft, bezieht sich im Gutachten der Vergleich der beiden Systeme einzig auf die CO2-Frachten. Zieht man aber die Methode der Umweltbelastungspunkte bei – sie berechnet die Summe aus den Mengen der verschiedenen Umweltbelastungen, multipliziert nach ihrem jeweiligen Ökofaktor –, würde gemäss Abklärungen der Baukommission die mit 50 Prozent Biogas betriebene Heizung nur noch wenig schlechter abschneiden als die Holzschnitzelheizung. Als Umweltbelastungen gelten nebst der Menge an ausgestossenem CO2 zum Beispiel auch die Landnutzung, der Wasser- und Betonverbrauch oder die Emissionen durch Lärm, Feinstaub- und Russpartikel.
Der für die Heizzentrale zugezogene Bauherrenberater der Gemeinde Flawil wies als Mitglied der Baukommission zudem darauf hin, dass die Holzschnitzellieferungen und das Abführen von Asche mit Traktor oder Lastwagen in der Nähe der Schule nach wie vor ungünstig seien. Zudem sei der austretende Rauch beziehungsweise Wasserdampf bei einer Holzschnitzelheizung beträchtlich, was die Nachbarschaft bezüglich Sicht und Geruch beeinträchtige. Das Risiko, dass gegen das Bauvorhaben Einsprachen eingingen, könnte damit tendenziell steigen. Zudem würde es für die zusätzliche Investition von rund einer Million Franken einen Beschluss der Bürgerversammlung brauchen. Beides würde zu zeitlichen Verzögerungen führen. Schliesslich sei auch auf den Unterhalt hinzuweisen. Dieser sei bei der Holzschnitzelheizung im Vergleich zur Gasheizung aufwändig und bezüglich seiner Komplexität nicht zu unterschätzen.
Einbezug der Partner
Dem Gemeinderat war es ein Anliegen, die Kirchenvorsteherschaft der reformierten Kirche und die Verwaltung der Genossenschaft für Seniorenwohnungen Flawil als Mitnutzer der Heizzentrale in die Abwägungen miteinzubeziehen. Beiden ist es wichtig, dass der Energiepreis aufgrund des Entscheids für eine der beiden Varianten nicht höher ausfällt und dass keine weiteren Verzögerungen entstehen. Sie sprachen sich klar für die Beibehaltung der im Abstimmungsgutachten beschriebenen Variante mit einer Gasheizung aus. Einerseits erachten sie es nicht als nachhaltig, einen 2017 sanierten, grossen Gasheizkessel zu entfernen, allenfalls sogar zu entsorgen. Andererseits befürchten sie einschränkende Emissionen durch Mehrverkehr, Lärm und Wasserdampf. Aus ihrer Sicht gehört eine Holzschnitzelheizung an den Dorfrand und nicht ins Dorfzentrum, in unmittelbarer Nähe zu Schule, Kirche und Wohnhäusern.
Zwei Fernwärmeprojekte der Technischen Betriebe Flawil
Beim vergangenen Treffen des Gemeinderats mit dem Verwaltungsrat der Technischen Betriebe Flawil (TBF) erläuterte dieser zwei Fernwärmeprojekte, für welche derzeit Vorabklärungen getroffen werden. Zum einen soll die Abwärme aus der Abwasserreinigungsanlage für ein Fernwärmenetz bis ins Zentrum von Flawil genutzt werden. Zum anderen soll die Abwärme der Schokoladenfabrik Maestrani zum Heizen nahegelegener Wohnareale genutzt werden. In diesem Zusammenhang ist ein neues Holzheizkraftwerk angedacht. Der TBF-Verwaltungsrat regte an, beide Projekte in die Überlegungen zum Entscheid über eine Gas- oder Holzschnitzelheizung als Ergänzung zur Eisspeicherheizung mindestens miteinzubeziehen.
Entscheid des Gemeinderats
Der Gemeinderat nahm die Gutachten und Einschätzungen zur Kenntnis. Er diskutierte sie ausführlich und prüfte nochmals die erwähnten Vor- und Nachteile der beiden Varianten. Nach Abwägung aller Fakten hält der Rat am Bürgerschaftsentscheid aus dem Jahr 2021 fest und möchte die Spitzenenergie mit Gas, wovon mindestens 50 Prozent Biogas, abdecken. Dabei anerkennt er die Überlegungen der «IG Nachhaltige Zukunft Flawil». Der Gemeinderat will im Rahmen seiner künftigen Energiestrategie Holz vermehrt als Energieträger einsetzen.
So geht es weiter
Nach dem Entscheid des Gemeinderats kann das Planerteam mit der Ausarbeitung des Detailprojekts beginnen. Dabei wird es weiter von der Baukommission «Neubau Turnhalle und Musikschulzentrum Feld» begleitet. Der Zeitplan sieht unverändert vor, dass nach erfolgter Baubewilligung im Frühjahr 2024 mit dem Abbruch der alten Hallen und in der Folge mit dem Neubau begonnen wird. Es wird mit einer Bauzeit von eineinhalb bis zwei Jahren gerechnet. Während dieser Zeit sollen für die Schule und die Vereine Provisorien zur Verfügung stehen, welche die Fortführung des Sportbetriebs ermöglichen.