Der Detailhandel und Popup-Stores sind wichtig für einen lebendigen Dorfkern. Wie möchten Sie das Lädelisterben stoppen und Flawil zu einem attraktiven Einkaufsort entwickeln?
Der Detailhandel unterliegt seit langem einem enormen Wandel. Grundsätzlich liegt es auch an den Konsumentinnen und Konsumenten mit ihrem Einkaufsverhalten, dem Lädelisterben entgegenzutreten. Gleichzeitig müssen günstige Ladenmieten und flexible Nutzungsmöglichkeiten für Geschäftsräume möglich sein. Ich würde mich dafür einsetzten, dass die Gemeinde in enger Zusammenarbeit eine gute Vernetzung von Mieter und Vermieter gewährleistet. Schliesslich sollen Märkte, Festivals und verkaufsoffene Sonntage dazu beitragen, den Dorfkern zu beleben und Besucher anzulocken. Diese Events müssen regelmässig und verlässlich organisiert sein. Die Gemeinde kann da einen Rahmen bilden.
Als Vertreterin der FDP ist Ihnen die wirtschaftliche Entwicklung von Flawil generell wichtig. Welche vier Schwerpunkte würden Sie setzen:
- Infrastruktur: Flawil soll auf eine moderne und gut ausgebaute Infrastruktur setzen können. Dazu gehört eine gute Verkehrsinfrastruktur, die den reibungslosen Waren- und Personenverkehr und Einkaufmöglichkeiten vor Ort ermöglicht – mit einem Mix von Strasse, Schienen, ÖV, Rad- und Fusswegen.
- Unternehmens-Freundlichkeit: Für eine hohe Wettbewerbsfähigkeit der Flawiler Firmen braucht es einen möglichst hürdenfreien Zugang zu Behörden und Verwaltung und eine Dienstleistungsmentalität, um Chancen für das Gewerbe zu bieten.
- Innovationsförderung: Die Innovation beginnt bei der Idee, diese kann z.B. mit einem Innovationspreis für ansässige Unternehmen aufgenommen und verfolgt werden.
- Bildung und Fachkräfte: Projekte, die in Flawil schon bestehen, z.B. die Lehrlingsplattform mit HIF/Gewerbe und Schule oder das Jungunternehmerzentrum helfen einerseits den Unternehmen gute Fachkräfte vor Ort zu finden, anderseits fördern sie auch attraktive Arbeitsplätze im Dorf.
Aufgrund einer Einsprache ist das Nachfolgeprojekt zum Spital blockiert. Welche Möglichkeiten sehen sie als Gemeindepräsidentin, die Situation zu deblockieren?
Das ist ein heikles Thema. Grundsätzlich hat in einer Demokratie jede Person das Recht auf Einsprache. Das Projekt ist für die Entwicklung von Flawil jedoch sehr wichtig. Es braucht einen aktiven Dialog und eine zeitnahe Vermittlung mit der Einsprachepartei. Hilft dies nicht, ist eine Mediation und bei Bedarf eine Schlichtung nötig. Immer mit dem Ziel, das Projekt für die Solviva, für Flawil und die Region zu ermöglichen. Aus der Patt-Situation muss eine Win-Win-Situation entstehen. Nur so sehe ich eine Chance. Schaffen wir dies nicht und die Solviva würde vom Projekt zurücktreten, wäre das äusserst schade. Und es bräuchte einen noch zu definierenden Plan B.
Welche Massnahmen würden Sie ergreifen, damit das Dorf auch bei steigenden Temperaturen und sich verändertem Klima lebenswert bleibt?
Damit Flawil auch bei wärmeren Temperaturen lebenswert bleibt, braucht es eine Anpassung der Infrastruktur: Schatten und Grünflächen helfen die Temperatur zu reduzieren. In öffentlichen Bereichen können wir dies aktiv berücksichtigen. Auch wenn es banal klingt: Wasser muss für alle weiterhin zugänglich bleiben und in ausreichender Menge vorhanden sein. Eine enge Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinden und die optimale Nutzung der Quellen ist hier zentral. Und Projekte für erneuerbare Energien will ich zusammen mit den privaten Haushalten, den Unternehmen und auch den Technischen Betrieben fördern. Wir alle müssen unserer Umwelt Sorge tragen.
Welche Initiativen werden Sie ergreifen, um das kulturelle Angebot in Flawil zu erweitern und zu verbessern?
In Flawil gibt es viele engagierte Bürgerinnen und Bürger, welche im kulturellen Bereich schon sehr aktiv sind, das freut mich sehr. Ich möchte kulturelle Vereine und Initiativen weiter unterstützen und mich dafür einsetzen, dass Flawil eine Plattform bietet, auf der lokale Kulturschaffende ihre Werke präsentieren und ausstellen können. Dies könnte beispielsweise durch die Schaffung von Galerien, Atelierflächen, öffentlichen Kunstinstallationen oder einer digitalen Plattform geschehen.
Junge Menschen brauchen Freiräume. Wie werden Sie sicherstellen, dass Flawil eine attraktive Gemeinde für junge Menschen bleibt?
Ich würde mich dafür einsetzen, dass Flawil über gut ausgestattete Freizeit- und Sporteinrichtungen verfügt, wie beispielsweise ein Jugendzentrum, Skaterparks, Generationenspielplatz, Sportplätze oder Indoor-Sportanlagen. Durch die Schaffung solcher Einrichtungen können junge Menschen ihre Interessen ausleben, neue Hobbys entdecken und sich aktiv betätigen. Ich könnte mir auch vorstellen, einen Jugendgemeinderat ins Leben zu rufen.
Die Umgestaltung des Marktplatzes sieht ein Kulturhaus, eine offene Markthalle und eine Tiefgarage vor. Wie beurteilen Sie das Konzept?
Die Umgestaltung des Marktplatzes mit einem Kulturhaus, einer offenen Markthalle und einer Tiefgarage bewerte ich grundsätzlich als positiv. Der Marktplatz ist ein Ort, wo man sich trifft und dies möglichst barrierefrei und ungezwungen. Zentral bleibt dabei, dass es den Flawilerinnen und Flawilern Freude macht, sich hier zu treffen. Bei der Umsetzung des Projekts muss dies immer berücksichtigt werden. Nötig ist auch die Tiefgarage – als urbaner Ort braucht Flawil weiterhin genügend Parkmöglichkeiten im Zentrum.
Flawil hat eine hohe Sozialhilfequote und eine tiefe Steuerkraft. Wie möchten Sie einerseits die Steuerkraft erhöhen und die Sozialhilfequote senken?
Die Steuerkraft in Flawil zu erhöhen und die Sozialhilfequote zu senken ist ein langfristiges finanzpolitisches Ziel. Ich würde mich dafür einsetzten, dass Flawil ein attraktiver Standort für Unternehmen ist, indem ich beispielsweise Investitionen in die Infrastruktur, die Bereitstellung von Gewerbeflächen und die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen fördere. Durch die Ansiedlung neuer Unternehmen und die Förderung des Unternehmertums können Arbeitsplätze geschaffen und die Einkommenssituation verbessert werden, was wiederum die Steuerkraft erhöht und die Sozialhilfequote senken kann. Mit soziale Unterstützungsprogrammen kann man den Menschen helfen, aus der Abhängigkeit von Sozialhilfeleistungen herauszukommen.
Flawil gehört nicht zu den 23 Gemeinden der RegioWil. Wie würde die allfällige Realisierung von Wil West die wirtschaftliche Entwicklung von Flawil beeinflussen und wie stellen Sie sich grundsätzlich zu neuen Einzonungen?
Die allfällige Realisierung von Wil West hat positive Auswirkungen auch auf die wirtschaftliche Entwicklung von Flawil. Ich wünsche mir, dass Wil West weiter vorangeht und realisiert werden kann. Das Projekt Wil West weist schon heute eine grosse Nachhaltigkeit auf, welche bei der Erschliessung von Land in den einzelnen Gemeinden nicht erreicht werden kann. Für mich ist Wil West eine Chance für die ganze Region.
Anlässlich der Podiumsdiskussion beschrieben Sie Ihre Pläne für den Bau eines neuen Gemeindehauses. Warum wäre dies eine gut investierter Steuerfranken?
Das Gemeindehaus wurde vor bald 50 Jahren sehr vorausschauend gebaut. Es hat seinen Zweck über die Jahre gut erfüllt. Ob eine Sanierung oder ein Abbruch sinnvoller ist, kann ich noch nicht beurteilen. Doch stellen Sie sich einmal vor: wäre der gesamte Komplex der Gemeindeverwaltung, der Post und der Swisscom weg, was würde dies bedeuten? Die Gemeinde braucht zukünftig aufgrund der Digitalisierung kaum mehr so viel Platz im Zentrum von Flawil. Hier können bürgerfreundliche Büros und Räume entstehen. Auch die Post steht vor der gleichen Entwicklung. Parallel dazu könnte das wunderschöne Bezirksgebäude wieder ein zentraler Blickfang werden und vielleicht hätte es gar Raum für einen kleinen Platz, auf dem man sich treffen kann. Ich glaube, die Zeit wäre reif, Flawil hier ein neues modernes Gesicht zu geben.