Als Vertreter des Unternehmertums ist Ihnen die wirtschaftliche Entwicklung von Flawil wichtig. Welche Rahmenbedingungen sind in Flawil aus Ihrer Sicht zu verbessern und wie würden Sie dies angehen?
Neben Gesellschaft und Natur liegt mir als ehemaliger Unternehmer auch die wirtschaftliche Entwicklung am Herzen. Ich weiss, was es braucht, um das freie Unternehmertum zu fördern und welche Rahmenbedingungen dafür notwendig sind. Sollte ich gewählt werden, werde ich mich noch vor Amtsantritt dafür einsetzen, dass ein Lehrlingsprojekt in der Gemeindeverwaltung umgesetzt wird, das den Gewerbeverein darin unterstützt eine IGA auf die Beine zu stellen. Das muss nicht so ein grössenwahnsinniges Projekt sein wie das letzte, das dann doch nicht zustande gekommen ist. Es kann klein und fein sein, es soll das Miteinander und den Austausch zwischen den Betrieben und der Bevölkerung fördern. Das liegt meiner Meinung nach im öffentlichen Interesse und kann von der Gemeindeverwaltung unterstützt werden.
Der Detailhandel und Popup-Stores sind wichtig für einen lebendigen Dorfkern. Wie möchten Sie das Lädelisterben stoppen und Flawil zu einem attraktiven Einkaufsort entwickeln?
Diese Frage wird in solchen Interviews immer wieder gestellt, das Lädelisterben kann kaum von der Verwaltung gestoppt werden, das müssen die Flawilerinnen und Flawiler selbst tun und die Fachgeschäfte müssen der Zeit entsprechend investieren. Ich bin klar der Meinung, dass eine Tiefgarage am Marktplatz die Situation nicht verbessern wird und dass die Aufhebung von Parkplätzen vor den Läden den Grossverteilern in die Hände spielt. Das braucht Engagement und andere Ideen, die werden im Rat diskutiert und dann muss man versuchen, mit den Fachgeschäften Innovationen umzusetzen.
Aufgrund einer Einsprache ist das Nachfolgeprojekt zum Spital blockiert. Welche Möglichkeiten sehen sie als Gemeindepräsident die Situation zu deblockieren? Falls das nicht gelingt, wie würden Sie einen Plan B entwickeln?
Was passiert ist, hätte nicht passieren dürfen. Die Gemeinde hat im Januar zu früh kommuniziert, dass die Abrissgenehmigung rechtskräftig sei. Das war nicht der Fall. Ich halte es für einen Fehler, ein solches Gebäude, das den neuesten Standards entspricht, abzureissen, auch wenn es so Arbeit für die Bauwirtschaft gibt, das macht keinen Sinn. In dem Gebäude haben bis zur Schliessung auch ca. 200 Menschen gearbeitet und das ist auch heute noch möglich. Wenn ich die Möglichkeit hätte, das Spital für 1,6 Millionen Franken zu kaufen, würde ich es ohne nachzudenken tun. Ich müsste keinen Plan B entwickeln, ich habe immer einen im Kopf.
Welche Massnahmen würden Sie ergreifen, damit das Dorf auch bei steigenden Temperaturen und sich verändertem Klima lebenswert bleibt?
Bäume, Bäume, Bäume, man muss den Leuten klarmachen, dass jeder Baum im Hochsommer zur Temperaturabsenkung beiträgt, Wasser und Brunnen machen den Lebensraum auch lebenswert. Die jetzige Verwaltung schafft es nicht einmal, den Brunnen am Bahnhof in Betrieb zu nehmen. Das ist für mich ein Spiegelbild dessen, wie es um Flawil bestellt ist.
Welche Initiativen werden Sie ergreifen, um das kulturelle Angebot in Flawil zu erweitern und zu verbessern?
Man sollte das freiwillige kulturelle Engagement der Bewohner wertschätzen und achten. Ich werde versuchen, die früher Engagierten zu motivieren und es braucht dringend Platz für junge Kultur. Ein tolles Beispiel ist für mich das Kraftwerk in Krummenau, das es bestimmt schon 30 Jahre gibt. Die schaffen es immer wieder junge Gruppen einzubinden und machen zu lassen. Das muss nicht die Gemeinde machen, aber sie muss es unterstützen und nicht wie bisher verhindern.
Junge Menschen brauchen Freiräume. Wie werden Sie sicherstellen, dass Flawil eine attraktive Gemeinde für junge Menschen bleibt?
Bleiben? Ich nehme Flawil überhaupt nicht als attraktive Gemeinde für junge Leute wahr. Alles, was ich kannte, ist eingegangen, geschlossen oder abgebrochen worden. Junge Leute schlagen auch mal über die Stränge, das muss möglich sein. Es bringt nichts, wenn wir das in die Städte und Nachbargemeinden auslagern. Flawil muss Spass machen und da gehört auch mal ein Problem dazu.
Die Umgestaltung des Marktplatzes sieht ein Kulturhaus, eine offene Markthalle und eine Tiefgarage vor. Wie beurteilen Sie das Konzept? Was finden Sie gut und was würden Sie ändern?
Ich finde das völlig daneben, so viel Geld dafür auszugeben. Ausserdem ist das schon lange kein Marktplatz mehr, sondern nur noch ein Parkplatz. Die Hälfte des Platzes braucht die Tiefgarageneinfahrt für 57 Autos, das ist aus meiner Sicht einfach ein Fehler. Wenn, dann gehört auf dieses Grundstück ein grösseres Gebäude als das, was auf dem Grundstück des ehemaligen Hotels Toggenburg steht. Ich würde im Rat versuchen, die Idee eines Neubaus für die Verwaltung, evtl. auch für die Post etc. durchzusetzen. Das alte Feuerwehrdepot würde ich sofort für eine kulturelle Nutzung freigeben, bis klar ist, was dort realisiert werden kann. Das Gemeindehaus ist renovierungsbedürftig und absolut keine Schönheit. Durch den Abbruch würde ein schöner Platz für den Markt und die Bevölkerung entstehen und die Verwaltung könnte ohne die erheblichen Einschränkungen der notwendigen Renovierung voll für die Bevölkerung arbeiten.
Flawil hat eine hohe Sozialhilfequote und eine tiefe Steuerkraft. Wie möchten Sie einerseits die Steuerkraft erhöhen und die Sozialhilfequote senken?
Es muss überlegt werden, was man tun kann und wie man die sozial Schwachen motivieren kann, selbst etwas an ihrer Situation zu ändern. Die Mieten sollten an die Sozialhilfeempfänger ausbezahlt werden und nicht direkt an die Vermieter, die Bedingungen und Vorschriften für die Renovierung von Immobilien sollten die Renovierung fördern und nicht verhindern. Wenn die Hausbesitzer die Miete von der Gemeinde erhalten und die Wohnungen verfallen lassen, wird sich an der Situation nichts ändern.
Flawil gehört nicht zu den 23 Gemeinden der RegioWil. Wie würde die allfällige Realisierung von Wil West die wirtschaftliche Entwicklung von Flawil beeinflussen und wie stellen Sie sich grundsätzlich zu neuen Einzonungen?
Ich habe schon von Wil West gehört, das wird schon gut sein, ist aber auch nicht gleich um die Ecke. Flawil braucht ein Uzwil Ost oder ein Gossau West. Wir müssen selbst überlegen, wie wir uns entwickeln wollen und vor allem können. Flawil hat keine Flächen für Neueinzonungen. Ich wüsste nicht wo, die Probleme, die ich privat mit dem Bauamt habe, sind eine Folge davon. Es braucht eine Strategie, wie sich Flawil in den nächsten Jahrzehnten entwickeln soll, vieles spricht dafür, sich mit den Nachbargemeinden zusammenzutun, um Synergien zum Wohle aller zu nutzen.
Ihr Wahlslogan heisst «entschlossen für Flawil». Was verstehen sie darunter? Welche Projekte geniessen prioritär ihre Entschlossenheit?
Ganz einfach, ich bin entschlossener Flawiler und habe ein grosses Interesse daran, dass die Einwohnerinnen und Einwohner stolz auf ihre Stadt sein können, dass sie gerne hier einkaufen und dass die Verwaltung zum Wohle der Bevölkerung funktioniert. Flawil hat in den letzten Jahren viel verloren und ich finde es problematisch, dass wir seit der letzten Revision der Kantonsverfassung Fürstenländer sein sollten. Wir sind Toggenburger und keine Fürstenländer. Flawil ist zwischen die Bänke geraten und man muss erst wieder eine eigene Identität entwickeln. In Flawil steht das grösste Toggenburgerhaus und man sollte die historische Kultur respektieren und pflegen und nicht einfach verkommen lassen. Die jetzige Führung ist mitschuldig an der heutigen Situation in Oberglatt. So etwas passiert, wenn man nur verwaltet und keinen Bezug zur Geschichte hat. Prioritär ist sicher die Situation auf dem Bauamt. Was ich erlebt habe, ist eine Katastrophe, da besteht dringender Handlungsbedarf.